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Tegut-Lädchen: Lebensmittel, soziale Kontakte und Inklusion

Der Dorfladen bildete früher einen Mittelpunkt des dörflichen Lebens, auch als Informationsbörse. Mit dem Schwinden weiterer örtlicher Leistungsangebote wie Schule, Kindergarten, Gesundheitseinrichtungen oder ÖPNV beschleunigte sich spätestens seit den 1980er Jahren das Sterben der klassischen Dorfläden. Gründe waren vor allem der Preiskampf im Lebensmittelhandel sowie die Schwierigkeiten bei der Betriebsnachfolge. Damit ging ein Verlust an Lebensqualität einher.

Um aber den ländlichen Raum als attraktiven Wohn- und Arbeitsstandort zu erhalten und auszubauen, sind wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten für Güter des täglichen Bedarfs unverzichtbar. Dabei geht es nicht allein um die materielle Versorgung, sondern auch um soziale Treffpunkte und lebendige Ortszentren als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben gerade vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft. Diese Überlegung hat die Tegut-Handelskette aufgegriffen und ein Konzept zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgung im ländlichen Raum entwickelt, das Projektleiter Knut John kürzlich in der fachdienstübergreifenden Arbeitsgruppe der Kreisverwaltung „Leben im Alter“ vorstellte, die sich mit Fragen des demografischen Wandels beschäftigt.

Schwerpunktmäßig in Nordhessen und im Vogelsberg sind in den letzten fünf Jahren 25 sogenannte Tegut-Lädchen entstanden, in denen es ein Grundsortiment an 4.000 bis 5.000 Artikeln zum gleichen Preis wie in den übrigen Tegut-Märkten gibt. Auch werden Dienstleistungen wie Lotto, Paketservice oder Reinigungsannahme angeboten. Sitzecken laden zu Gesprächen ein. Als Richtwert für die Einrichtung eines Lädchens gelten 1.500 Einwohner, jedoch laufen nach Aussage von Knut John auch Läden in kleineren Gemeinden. Die Verkaufsfläche sollte zwischen 150 und 200 Quadratmeter und der Jahresumsatz bei 120.000 Euro liegen. Entscheidend seien aber immer die Identifikation mit dem Projekt und der Zusammenhalt innerhalb der Dorfgemeinschaft.

Bislang gibt es noch kein Tegut-Lädchen im Landkreis Fulda. Das nächst gelegene befindet sich in Stockhausen kurz hinter der Kreisgrenze zum Vogelsbergkreis. Knut John erhält aber regelmäßig Anfragen und ist bis 2016 mit jährlich zwei bis drei neu hinzukommenden Märkten ausgebucht. Ganz offensichtlich überzeugt das Konzept. Es sieht vor, dass die in den Lädchen angebotene Ware im Besitz von Tegut verbleibt. Auch kümmert sich Tegut um den Warenbezug, die Markteinrichtung und das Marketing. Der Inhaber des Markts ist am Verkaufserlös über eine Provision beteiligt. Häufig handelt es sich dabei um in der Region tätige soziale Einrichtungen, die als Mitarbeiter Menschen mit Behinderung beschäftigen, um diese in die Arbeitswelt zu integrieren.

Knut John machte deutlich, dass es sich um ein Projekt handele, das hervorragend zur Philosophie des Unternehmens passe, die auf soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und bewusste Ernährung setze. Dies unterstreiche auch die Qualifikation für die Finalrunde beim Hessenchampion 2014 in der Kategorie Innovation. Für Bruno Günkel, Wirtschaftsförderungsreferent der Kreisverwaltung, sind die angemessene Versorgung mit Lebensmitteln in der Fläche sowie die Pflege und Entwicklung dörflicher Kommunikationspunkte Schlüsselfaktoren für die Zukunft des ländlichen Raums. Die Einrichtung von Tegut-Lädchen im Landkreis Fulda – je nach örtlicher Struktur ergänzt durch weitere Funktionen wie zum Beispiel kommunale Servicestellen oder regelmäßige ärztliche Sprechzeiten – würde er auch mit Blick auf einen gesicherten und erhöhten Absatz regional erzeugter Produkte begrüßen.

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