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Hünfeld sieht erhebliche rechtliche Bedenken gegen Teilregionalplan „Energie“

Der Teilregionalplan Energie Nordhessen 2013 zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windkraft wirft nach Auffassung von Hünfelds Bürgermeister Stefan Schwenk erhebliche rechtliche Fragestellungen auf. Wie der Magistrat in seiner Stellungnahme zur zweiten Offenlegung des Teilregionalplans feststellt, ist die Festsetzung von Vorrangflächen im Hünfelder Stadtgebiet in einigen Bereichen rechtlich nicht haltbar, da beispielsweise verbindliche Vorgaben zu Abstandsflächen von Horststandorten schützenswerter Vogelarten nicht hinreichend berücksichtigt wurden.

Der Magistrat wird diese Stellungnahme am 21. Mai der Hünfelder Stadtverordnetenversammlung vorlegen. Im Vorfeld hatte die Stadtverwaltung dazu eine eingehende Überprüfung der Unterlagen zur zweiten Offenlegung vorgenommen. Die darin vorgenommenen Abwägungen seien nur zu einem kleineren Teil nachvollziehbar, sagt Schwenk. Der größere Teil der Abwägungen sei pauschal vorgenommen worden, ohne die vorgelegten Gutachten im Rahmen von Einzelfallprüfungen zu gewichten. Dabei bezieht sich der Magistrat nach Angaben von Bürgermeister Schwenk unter anderem auf das Gutachten des TÜV Rheinland, das insbesondere Auswirkungen durch Schattenwurf und Lärmentwicklung für die jeweiligen Vorranggebiete in den einzelnen Stadtteilen untersucht hatte. Nach diesen Ergebnissen hätten erhebliche Reduzierungen der Vorranggebiete erfolgen müssen, da Grenzwerte deutlich überschritten würden. Beispielsweise gibt es in verschiedenen Bereichen Schattenwirkungen, welche maximal 30 Minuten am Tag betragen dürften, und die Lärmimmissionen, welche in Mischgebieten nachts 45 db (A) und in Wohngebieten 40 db (A) betragen dürfen. Dem habe die zweite Offenlegung nur in geringem Umfang Rechnung getragen. Gleiches gelte für das Thema Landschaftsschutz. Ein wesentlicher Teil der ausgewiesenen Vorranggebiete widerspreche den im Landesentwicklungsplan Hessen formulierten Vorgaben.

Besonders erheblich seien die Auswirkungen der Vorranggebiete für die nachgewiesenen heimischen Vogelarten, die unter Schutz stünden. Dazu gehörten der Schwarzstorch, der Rotmilan, der Steinkauz, der Rauhfußkauz, der Sperlingskauz und der Schwarzmilan. Die durch das Regierungspräsidium Kassel getroffenen Feststellungen zu diesen schützenswerten Vogelarten stünden im krassen Widerspruch zu den in den Gutachten nachgewiesenen Vorkommen. Auch die einschlägigen Abstandsflächen würden nicht eingehalten, kritisiert der Bürgermeister. Beispielsweise sei für den Rotmilan ein 500 Meter Puffer vorgesehen. Tatsächlich werde mittlerweile unter anderem durch das neue „Helgoländer Papier“ von 2015 eine Mindestabstandsfläche von 1.000 bis 1.500 Metern gefordert. Dies sei bereits Grundlage für gerichtliche  Entscheidungen gewesen. Diese Unterschreitungen der Abstandsflächen, die fehlende Berücksichtigung verschiedener Arten seien bei fast allen Vorrangflächen feststellbar. Auch dem Fledermausschutz sei entgegen den vorliegenden gutachterlichen Untersuchungen kein hinreichendes Gewicht beigemessen worden.

Gänzlich fehle eine Betrachtung der zusätzlichen Belastungen, die der Region durch die geplante Ausweisung der Fernstromtrasse SuedLink drohe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass zwei solch gravierende Planverfahren unabhängig voneinander vorangetrieben würden, ohne die Summe der Auswirkungen zu sehen, kritisiert Schwenk.

Berücksichtigt werden müsse auch, dass die meisten ins Auge gefassten Standorte an der absolut untersten Grenze der Wirtschaftlichkeit lägen, ganz einfach, weil der Wind fehle. Der vom Regierungspräsidium angenommene Wert einer durchschnittlichen „Windhöffigkeit“ von 5,75 Metern pro Sekunde sei an der absolut untersten Grenze für eine Wirtschaftlichkeit und müsse deshalb kritisch hinterfragt werden. Flächen für Windkraftstandorte auszuweisen, auf denen nicht genügend Wind „geerntet“ werden könne, dafür aber die Natur zerstört werde, machten wohl wenig Sinn. Auch könne er nicht nachvollziehen, betont Schwenk, dass Hünfeld zu jenen Kommunen gehöre, die die Hauptlast der Vorgabe von zwei Prozent Gemarkungsfläche in Hessen für die gesamte Region tragen solle. In Hünfeld sollen nicht nur zwei Prozent der Gemarkungsfläche, wie dies das Land vorgegeben habe, sondern insgesamt fast das Dreifache ausgewiesen werden. Vorrangflächen beträfen danach insgesamt rund 600 Hektar des gesamten Stadtgebiets von Hünfeld. Das sei den Bürgern angesichts der eheblichen naturschutzfachlichen Bedenken und der  offenen Fragen in Bezug auf den Schutz der betroffenen Bewohner nicht vermittelbar, so Schwenk abschließend.

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