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Appell: Durch Zuwendung Flüchtlingen bei der Integration helfen

Eines der schönsten und deutlichsten Zeichen der Verbundenheit zur neuen Heimat ist die Einbürgerung. Mit diesem formellen Akt dokumentieren Jahr für Jahr viele Frauen und Männern aus allen Teilen der Welt ihre Bereitschaft, mit allen Rechten und Pflichten Deutsche werden zu wollen. Von Januar bis Ende April 2015 ist für 55 Fuldaer aus 25 verschiedenen Ländern dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Als Ausdruck der Wertschätzung lud die Stadtverwaltung die Neubürger zu einem Empfang im Marmorsaal ein.

Buntes Fulda

„Fulda ist bunt“, lautete vor Jahren der Slogan einer städtischen Aktion zur Vielfalt innerhalb der Fuldaer Gemeinschaft.  „Wie bunt Fulda wirklich ist, können wir hier und heute eindrucksvoll demonstrieren“, freute sich Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann angesichts der zahlreichen Gäste im Marmorsaal. Fulda sei eine „moderne, weltoffene Stadt“, bekräftigte sie und begrüßte in Vertretung von Oberbürgermeister Gerhard Möller die Neubürger. Seit fast 15 Jahren begeht die Stadt in der Regel dreimal pro Jahr die Einbürgerung mit einem Empfang, „weil wir wissen, dass dieser Tag für sie ein  bedeutender ist. Sie sind nun gleichberechtigte Bürger, genießen alle Bürgerrechte und dürfen wählen.“
Die Einbürgerung setze eine dauerhafte Hinwendung zu Deutschland und ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung voraus. Das bedeute auch, dass die Neubürger dem Parlament angehören und darin ihre Interessen vertreten könnten. Hartmann hob gleichzeitig die Bedeutung des Wahlrechts als eines der wichtigsten Bürgerrechte hervor und appellierte an ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer: „Machen Sie immer von ihrem Recht Gebrauch.“ Auch mit ihrer Sprachvielfalt könnten die neuen Bundesbürger der Gemeinschaft einen wertvollen Dienst leisten. „Wir wünschen uns Ihren Beitrag am öffentlichen Leben. Unser Zusammenleben soll ein Geben und Nehmen sein. Pflegen Sie deshalb gut nachbarschaftliche Kontakte“, machte Fuldas Stadtverordnetenvorsteherin deutlich. Denn: Fulda habe so viel zu bieten. Jede Menge Neues, Interessantes, Wissenswertes komme nun auf sie zu. Diesen Gedanken verband Hartmann mit dem Wunsch für ein „gutes und angenehmes Leben in unserer Heimatstadt Fulda.“

Um Flüchtlinge kümmern

Ein leidenschaftliche Plädoyer der Zuwendung zum Nächsten, insbesondere zur konstant wachsenden Gruppe der Flüchtlinge, gab Abdulkerim Demir vom Fuldaer Ausländerbeirat. Demir lobte zuvor Fulda dafür, dass sehr früh mit der Arbeit zugunsten ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger begonnen worden sei. Nicht in jeder hessischen Stadt gebe es etwas Vergleichbares. Menschen aus ungefähr 190 Ländern lebten zurzeit in Fulda. Diejenigen, die hier eine neue Heimat gefunden haben, seien sehr zufrieden. In den Verwaltungen von Stadt und Kreis habe sich „sehr viel zum Positiven verändert. Sie haben sich auch für Menschen mit Migrationshintergrund geöffnet“, erkannte Demir ausdrücklich an. Entscheidenden Anteil an diesem Erfolg habe der Ausländerbeirat. Offen bekannte das Beiratsmitglied: „Ich lebe seit über 25 Jahren in Fulda und fühle mich hier sehr wohl.“ Wer den deutschen Pass habe, könne nun in 160 Länder ohne Visum reisen. Das sei ein Vorteil gerade für die nachfolgende Generation.  Auch vor diesem Hintergrund sei die Entscheidung, Deutscher oder Deutsche zu werden, genau die richtige gewesen. Angesichts der im November anstehenden Ausländerbeiratswahlen appellierte Demir an die so genannten „Doppelstaatler“ unter den Gästen, dass sie sich trotz ihrer deutschen Staatsangehörigkeit an der Wahl beteiligen könnten und sollten. „Schließlich möchten wir, dass auch der Ausländerbeirat bunter wird. Schön wäre es, aus jedem Kontinent jemanden dabei zu haben.“
Angesichts der Flüchtlingsthematik rief Demir den Neubundesbürgern zu: „Wir brauchen Ihre Hilfe für die Menschen, die aus Kriegsgebieten stammen. Sie verstehen vielleicht deren Schicksal besser.“ Seine Bitte: „Begegnen Sie einem Flüchtling und seien Sie ihm behilflich.“ Momentan leben über 700 Frauen, Männer und Kinder aus Krisen- und Kriegsgebieten in Stadt und Region. „Sie brauchen Euch für besseren Integrationsprozess.“

Auftrag: Brücken zwischen alter und neuer Heimat bauen

Verwaltungsmitarbeiterin Mathilde Lemesle aus Nantes (Frankreich) schildert ihre Beweggründe, warum sie sich entschieden hat, Deutsche zu werden:

DSC_0141„Ich habe mich sofort in die Sprache und Kultur verliebt. 2002 durfte ich endlich Deutsch in der Schule lernen. Je mehr Monate und Jahre vergingen, desto mehr wuchs in mir die Sehnsucht nach Deutschland. Im Sommer 2008 bin ich mit 19 nach Magdeburg gezogen. Meine Integration verlief problemlos. Ich habe viel Unterstützung von allen Seiten erfahren. Alles ist super gelaufen. In Magdeburg gehörte ich einer deutsch-französischen Gesellschaft an und habe mich in einer französischen Theatergruppe engagiert. Mein Credo: Sich in die Gesellschaft einzubringen, bereichert. Engagiert Euch in den Vereinen! Diese Erfahrung bekommt man sonst nirgends.

Innere Ruhe

Ich freue mich, dass unsere Gesellschaft erkannt hat, dass Ausländer zur deutschen Gesellschaft gehören. Der Arbeitsmarkt ist aus meiner Sicht für Ausländer allerdings noch verbesserungswürdig. Ich aber bin froh, dass ich bei der Stadt arbeiten kann, wo es keine Rolle spielt, ob man einen Migrationshintergrund hat. „Building bridges“ – das diesjährige Motto des Eurovision Song Contest finde ich auch für uns als neue deutsche Bürger zutreffen. Unser Auftrag ist es, Brücken zwischen unserem Ursprungsland und unserer heutigen Heimat zu schlagen. Ich habe das Glück als Europäerin meine französische Staatsangehörigkeit behalten zu dürfen. Ich fühle mich als Deutsche. Mein französischer Teil aber bleibt, egal was ich auch tue. Mein französischer Akzent beispielsweise wird nie verschwinden.  19 Jahre Sozialisation in einem anderen Land können und sollen auch nicht rückgängig gemacht werden. Ich bedanke mich bei allen, die mich ein Stück weit auf dem Weg meiner persönlichen Integration begleiten. Ich habe diesen Tag, den Tag meiner Einbürgerung, jahrelang erträumt. Heute ist er Realität geworden, was ich kaum glauben kann. Ich verspüre zum ersten Mal im Leben eine innere Ruhe, weil ich endlich angekommen bin.“

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