Logo

Polnische Caritas-Gäste führten Zeitzeugengespräch mit Fuldaer Marianum-Schülern

„Dieser persönliche Kontakt und Ihre Bereitschaft zum Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern sind meines Erachtens ganz wichtig für die Jugendlichen hier“, betonte der stellvertretende Schulleiter des Marianums, Stefan Zeier, bei der Begrüßung in der Aula der Schule. „So können sie den theoretischen Lehrstoff aus Geschichte und Religionsunterricht besser verarbeiten und verstehen.“

 

Sechs Seniorinnen und Senioren aus Polen halten sich derzeit auf Einladung des Caritasverbandes für die Diözese Fulda zur Erholung im Raum Fulda auf. Der Besuch erfolgt im Rahmen eines vom Maximilian-Kolbe-Werk organisierten Programm der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen: Die Reiseteilnehmer haben als Kinder und Jugendliche in Gefangenenlagern des nationalsozialistischen Deutschlands teilweise mehrere Jahre verbracht und viel Hunger, Leid und Grausamkeiten erdulden müssen.

 

Im Zeitzeugengespräch im Marianum berichteten die Senioren – übersetzt von Dolmetscherin Marianne Drechsel-Gillner, die zusammen mit Caritas-Mitarbeiterin Anneliese Wiegand die Gruppe während ihres Aufenthaltes in Deutschland betreut – zunächst über ihre individuellen Lagererfahrungen. Szymon Krupa etwa beeindruckte mit der Schilderung, dass seine Geburt auf dem Wagen erfolgte, mit dem seine Familie ins Lager gebracht wurde. Er habe aus den Jahren im Lager nur zwei Bilder im Kopf behalten: eines, als sein Vater – zwischen zwei SS-Männern stehend – sein eigenes Grab ausheben musste und dem Tod nur durch einen alliierten Luftangriff entkam. Das zweite, als die Russen sie 1945 aus den Schutzgräben heraus riefen: Hitler kaputt!

 

Die anderen polnischen Zeitzeugen, die bei ihrer Gefangennahme etwa zwischen sechs und 16 Jahren alt waren, berichteten vor allem von der Enge, dem Dreck und Ungeziefer, der großen Einsamkeit der Kinder, wenn die Eltern außerhalb des Lagers arbeiten mussten, und dem großen Hunger, den sie erdulden mussten. „Es gab eine Suppe, die war eher Abwaschwasser“, berichtete zum Beispiel Barbara Mrowczynska. „Außer Wasser schwammen allenfalls ein paar kleine Stücke Kartoffelschalen darin herum“.

Oft gerieten die Kinder mit ihren Eltern nur in Gefangenschaft, weil die Bauerngehöfte für neu angesiedelte deutsche Familien benötigt und die polnischen Eigentümerfamilien dann kurzerhand entfernt wurden. Im Fall von Waclaw Bryjanowski war es anders; er wurde als junger Mann festgenommen und mehrere Jahre zur Arbeit für die Deutschen gezwungen. Auf diese Weise aber lernte er so gut die deutsche Sprache, dass er nun zu den Schülern selbst in Deutsch sprechen konnte. Er appellierte an die Jugendlichen, darauf zu achten, dass die europäischen Völker nicht wieder durch Nationalismus oder Fanatismus auseinanderdriften: „So wie es jetzt ist, soll es bleiben! Hab ich recht?“ Der kräftige Schlussapplaus der Schülerschaft gab ihm mehr als Recht.

Categories:

Alle Nachrichten