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Laubmischwald statt hoher Fichten: Der Wald an der Schornhecke wird aufgewertet

Wer in diesen Tagen vom Parkplatz Schornhecke in Richtung Schwarzes Moor wandern will, muss einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Denn in dem Waldstück an der bayerisch-hessischen Grenze werden derzeit viele der hohen Fichten gefällt. Doch dieser Eingriff dient der Natur. Er ist Teil eines planmäßigen, ökologisch motivierten Waldumbaus. Denn die Entnahme der Fichten schafft Platz für eine natürliche Verjüngung durch Laubbäume. Schon in wenigen Jahren wird hier die Artenvielfalt stark zunehmen und eine Kernzone des UNESCO-Biosphärenreservats entstehen lassen, die ihren Namen verdient.

Im Jahr 2013 hat der Markt Oberelsbach im Bereich Schornhecke ca. 50 Hektar Waldfläche als Kernzonenfläche eingebracht. Über einen Zeitraum von zehn Jahren sollen hier nach und nach die standortfremden Bäume, überwiegend Fichten, entnommen werden. Ein erster „kräftiger Lichtungshieb“ findet im Monat August statt.

„Wir haben für diese Maßnahme aus Naturschutzgründen nur ein kleines Zeitfenster“, erläutert Hubert Türich vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt a. d. Saale. „Früher hätten wir es nicht machen können, weil das die Brut der Vögel gestört hätte und im September beginnt bereits die Hauptwandersaison. Wir haben aber Glück. Denn aufgrund des trockenen Wetters werden die eingesetzten Maschinen nur sehr geringe Bodenschäden verursachen. Auch die Gefahr durch Borkenkäfer ist unter den gegenwärtigen Bedingungen als gering einzuschätzen.“

Insgesamt werden in den Augustwochen etwa 1.000 Festmeter Holz entnommen. Mithilfe großer „Harvester“ kann das selektiv geschehen. Denn die Waldfläche enthält bereits viele im Laufe der vergangenen 20 Jahre angepflanzte junge Laubbäume, die selbstverständlich erhalten bleiben. Entnommen werden lediglich die ohnehin erntereifen Nadelbäume. In den bearbeiteten Flächen werden liegendes Totholz sowie Baumstümpfe (5-7 Meter) für die Tier- und Pflanzenwelt belassen.

„Von Natur aus ist die Rhön ein Buchenwaldgebiet“, erläutert Türich „Die Fichten wurden in den 30er-Jahren als schnellwüchsiger Brotbaum eingeführt. Wer an der Schornhecke genau hinschaut, wird feststellen, dass sehr viele Fichtenwipfel abgebrochen sind und Ersatztriebe gebildet haben, sogenannte Zwiesel. Das sind alles Schneebruchschäden. An solchen offenen Bruchstellen kommt häufig auch die Fäule ins Holz. Die Fichte ist für diese Lagen eben nicht wirklich geeignet.“

Mit dem Lichtungshieb verschafft man der Verjüngung Platz und Licht. Als Folge wird die Artenvielfalt explodieren. Neben den bereits gepflanzten Bäumen macht sich als Pionierpflanzen auch Vogelbeere, Salweide, Himbeere, Weidenröschen und Traubenholunder breit. Im Boden enthaltene Samen gehen ebenfalls auf und tragen zur neuen Vielfalt bei. Auf den Umbauflächen am nahen Heidelstein, die ebenfalls vom Markt Oberelsbach eingebracht wurden, kann man diese Resultate bereits erkennen. Wo früher dicht an dicht Fichten standen und die lichtarmen Verhältnisse ansonsten kaum Pflanzen und Tiere zuließen, entsteht bereits ein artenreicher Laubwald.

Vor diesem Hintergrund sieht Oberelsbachs Bürgermeisterin, Birgit Erb, den Waldumbau positiv: „Der Marktgemeinderat hat sich intensiv mit den Zusammenhängen beschäftigt und sieht darin die Chance, auf diesen Flächen wieder einen natürlichen Zustand herzustellen. Mittelfristig werden wir hier ökologisch betrachtet einen viel wertvolleren Waldbestand haben als zuvor. Das ist ein spannender Prozess.“

Für den Leiter der Bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphären-reservats Rhön, Michael Geier, ist der Waldumbau an der Schornhecke ein Puzzlestein in einem großen Gesamtwerk: „Im bayerischen Teil haben alle drei staatlichen Forstbetriebe (Bad Brückenau, Hammelburg und Bad Königshofen) sowie mehrere Kommunen (Burglauer, Fladungen, Oberelsbach und Ostheim) erhebliche Waldflächen eingebracht, die in den nächsten Jahren sukzessive umgestaltet werden. Langfristig gesehen wird das die Natur in unserem UNESCO-Biosphärenreservat erheblich bereichern.“

Während der Einschlagarbeiten wird der Hauptweg vom Parkplatz Schornhecke in Richtung Schwarzes Moor, auf dem an dieser Stelle auch der Premiumwanderweg Hochrhöner verläuft, um den Wald herumgeleitet. Die Umleitung ist ausgeschildert. An Tagen, an denen schwere Maschinen zum Einsatz kommen, werden Ranger des Biosphärenreservats vor Ort die Besucher beraten. Alle Maßnahmen sind detailliert zwischen dem Markt Oberelsbach und der Regierung von Unterfranken, Höhere Naturschutzbehörde, dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie der Bayerischen Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats abgestimmt.

Hintergrund

Im Juni 2014 wurde die Fläche des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön um 58.000 Hektar auf bayerischer Seite erweitert und ist damit in Bayern um ca. 80 Prozent gewachsen. Nach den Statuten der UNESCO müssen drei Prozent der Gesamtfläche als Kernzone ausgewiesen werden, in der sich die Natur ohne menschliche Eingriffe entwickeln kann. Insgesamt umfassen die Kernzonen auf bayerische Seite 3.889 Hektar. Den größten Flächenanteil mit rund 2.600 Hektar haben die Bayerischen Staatsforsten eingebracht. Aber auch Kommunen wie Oberelsbach stellten Waldflächen zur Verfügung, in denen sich die Natur auf Dauer unbeeinflusst von menschlicher Nutzung entwickeln kann.

Noch enthalten diese Kernzonen in erheblichem Umfang Baumarten, die nicht zur potenziell natürlichen Vegetation des klassischen Laubwaldgebietes Rhön zählen. Um dies zu korrigieren, werden in den nächsten Jahren vielerorts umfangreiche Waldumbaumaßnahmen stattfinden. Sie werden das Waldbild verändern und können zu vorübergehenden Behinderungen des Besucherverkehrs führen. Deshalb setzen die Verantwortlichen auf Transparenz und Information.

Foto: Der Wald an der Schornhecke wird „umgebaut“. Ein neu aufgestelltes Schild nennt die ökologischen Zusammenhänge. Von links: Michael Geier, Leiter der Bayer. Verwaltungsstelle des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön, Birgit Erb, Bürgermeisterin von Oberelsbach sowie Hubert Türich vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

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