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„Ich kann mit Konfliktsituationen jetzt 
besser umgehen – und darauf bin ich stolz“

Die Freude ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Nach ihren erfolgreichen Prüfungen haben Sarah Görlich (29) und Daniel Genau (21) im ehemaligen Refektorium der Propstei Johannesberg gerade ihre Abschlusszeugnisse erhalten. Sie sind die ersten Absolventen der 2012 bei der Grümel gGmbH gestarteten Ausbildung 3.5. Der Fuldaer Bildungsträger hatte das von der Agentur für Arbeit Fulda finanzierte Angebot, das sich an Rehabilitanden mit höherem Förderbedarf richtet, unter Federführung von Sozialpädagogin Jutta Dehler entwickelt und speziell auf Jugendliche und junge Erwachsene abgestimmt, die aufgrund unterschiedlicher psychischer Beeinträchtigungen Schwierigkeiten hatten, im Berufsleben Fuß zu fassen. Im Gespräch blicken die beiden Absolventen zurück auf ihre Ausbildung und berichten über ihre vielfältigen Erfahrungen.

„Ich will jungen Menschen, die mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, Mut machen, sich Hilfe und Unterstützung für den Start ins Berufsleben zu suchen – ich habe sie bei Grümel gefunden“, erklärt Sarah Görlich den Hintergrund, warum sie sich spontan für ein Gespräch über die Ausbildung 3.5 bereit erklärt hat. Die heute 29-Jährige hatte vor Jahren eine Ausbildung in einem Hotel begonnen, die sie aber im zweiten Ausbildungsjahr unterbrechen musste. Über drei Jahre war sie berufsunfähig. „Damals hatte ich Angst vor allem, hatte massive gesundheitliche Probleme. Ich konnte das Haus nicht mehr verlassen.“ Sie erhielt psychologische Unterstützung, kam mit Grümel in Kontakt, wagte die Wiedereingliederung. „Mit drei Stunden habe ich damals angefangen und mich nach und nach gesteigert. Nach einem eineinhalbjährigen Praktikum in der Jugendwerkstatt im Bereich Service startete sie in die Ausbildung 3.5 und ist jetzt Hauswirtschaftshelferin. Als besonders hilfreich habe sie die wöchentliche Sozialpädagogische Gruppenarbeit empfunden. „Wir haben uns jeden Freitag in der Gruppe getroffen. Ich war immer froh, dass ich dabei sein konnte. Jeder in der kleinen Gruppe hatte sein eigenes Päckchen zu tragen, aber im geschützten Raum konnte ich offen über alles sprechen. Jeder konnte frei erzählen, was ihn ärgert, bewegt, umtreibt. Und das hat gut getan und mein Selbstbewusstsein gestärkt.“

Ähnlich sieht das Daniel Genau, der in der Gruppenarbeit gelernt habe, auch mal nein sagen zu können und Grenzen zu ziehen. „Ich habe vorher eine Lehre in einer Tischlerei angefangen, kam aber mit dem Betriebsklima nicht zurecht und fühlte mich auch in der Berufsschule mit den Lehrern und den vielen Mitschülern überfordert. Während der Ausbildung 3.5 zum Holzbearbeiter bei Grümel und in der Berufsschule hatten wir immer nur kleine Klassen, das hat mir sehr geholfen“, sagt der 21-Jährige, der zudem den Stütz- und Förderunterricht hervorhebt, der vor Klassenarbeiten und Prüfungen gute Hilfestellung gegeben hat. Und auch in der Tischlerei als Ausbildungsabteilung habe man sich sehr um ihn gekümmert. „Ich habe viel gezeigt bekommen, viel Handwerkliches von Abteilungsleiter Thomas Uth gelernt. Ich denke, ich habe jetzt gute Voraussetzungen, in einem anderen Betrieb Fuß zu fassen. Jetzt mache ich erstmal ein Praktikum in einer Tischlerei und werde mich dann bewerben“, erklärt Daniel Genau selbstbewusst seine Zukunftspläne. Speziell die Arbeit an Maschinen mache ihm Spaß, aber auch die Behandlung von Oberflächen, besonders das Ölen von Holz.

Und was macht die angehende Hauswirtschaftshelferin in ihrem Beruf am liebsten? „Ich liebe die Arbeit in der Küche, besonders wenn es um die Bearbeitung von Fleisch geht“, sagt die 29-Jährige ganz spontan. Sechs Kilogramm Fleisch zu Gyros zu verarbeiten, klein zu schneiden und sachgerecht zu marinieren, gehört zu ihren leichtesten Übungen. „Ich esse auch unheimlich gerne Fleisch – besonders Sauerbraten“, lächelt die junge Frau und dabei leuchten ihre Augen. Über die Ausbildungsküche Bistro Casino schwärmt sie mindestens genauso: „Markus Gramberg war meine absolute Bezugsperson, er hat immer gespürt, wenn ich mal durch den Wind war, und dann hat er sich Zeit genommen und mit mir geredet. Ich habe ihm viel zu verdanken.“

Positiv im Angebot der Ausbildung 3.5 findet Daniel Genau den angeschlossenen medizinisch-psychologischen Dienst: „Frau Bug-Sippel, die Psychologin, hat mir am Anfang geholfen und Tipps gegeben, wie ich mit der einen oder anderen schwierigen Situation besser klar kommen kann, wie ich mich durchsetzen und mein Selbstbewusstsein stärken kann.“

Bildunterschrift: Jutta Dehler (Mitte), Leiterin des Teams der Ausbildung 3.5 bei Grümel, ist stolz auf die Leistung von Daniel Genau und Sarah Görlich, die nach erfolgreicher Prüfung nun beste Voraussetzungen für ihren Start in die Berufswelt haben.

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