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Hessische Jagdverordnung – Jäger und Naturschützer sollen künftig zusammenarbeiten

Die Vogelsberger Grünen hatten kürzlich Jäger, Förster, Naturschützer und interessierte Bürger zu Information und Meinungsaustausch über die neue hessische Jagdverordnung nach Mücke eingeladen. Ursula Hammann, natur- und tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, stellte den sehr zahlreich erschienenen Teilnehmern die Änderungen vor und erläuterte die Gründe für die neuen Regelungen. Diese waren gemeinsam mit Naturschutzverbänden, Vogelschutzwarte, einem Wildbiologen und auch mit Vertretern des Landesjagdverbandes erarbeitet worden.
Seltene Tierarten dürfen laut diesem Entwurf überhaupt nicht mehr gejagt werden. Es handelt sich hier um Iltis, Hermelin, Mauswiesel, Baummarder und Rebhuhn. Einige der Anwesenden erwähnten, dass sie noch niemals eines dieser Tiere zu Gesicht bekommen hätten. So war die Verwunderung darüber groß, dass die Jagd auf diese Tierarten bisher überhaupt erlaubt war.
Waschbären dagegen dürfen ganzjährig bejagt werden, für Rehe wurde die Jagdzeit verlängert, um so die Verbissschäden im Wald zu verringern.

Sehr lebhaft wurde die Diskussion, als es um Feldhasen, Graugänse und Stockenten ging. Diese stehen nämlich ebenfalls auf der Roten Liste bedrohter Tierarten und sollen deshalb nur noch sehr eingeschränkt beziehungsweise gar nicht mehr gejagt werden. Einigen Jägern und auch dem Landesjagdverband passt es nicht, dass die Bestände dieser Tierarten künftig nicht nur durch die Jäger selbst, sondern auch durch Naturschützer und Wildbiologen überprüft werden sollen.

Wie Ursula Hammann versicherte, sei auch die vom Kreisjägerverein kritisierte Einführung einer Schonzeit für erwachsene Füchse in Hessen notwendig, da die bisher erlaubte, ganzjährige Bejagung der Alttiere dazu führe, dass Fuchswelpen verhungerten, weil Elterntiere versehentlich durch Totschlagfallen getötet oder geschossen würden. Schlimmer noch sei, dass der durch das Bundesjagdgesetz eigentlich bestehende Elternschutz für Füchse in der Praxis ausgehöhlt werde. Zuerst werden die Fuchswelpen erschossen und anschließend werden straffrei die Elterntiere getötet, die ja dann keine Eltern mehr sind. Diese Vorgehensweise wird sogar in der Fachpresse der Jäger empfohlen, wie etwa in „Wild und Hund“, Ausgabe Nummer 11/2015 auf Seite 27.

Diese Praxis wird nicht nur von Naturschützern, sondern auch vom ökologischen Jagdverband und von Förstern kritisiert. Der ökologische Jagdverband betrachtet das Jagen von Füchsen als sinnloses Töten, da weder Fleisch noch Fell der Füchse verwertet werden. Die Tiere werden meist einfach weggeworfen.

Als „reines Schauermärchen“ bezeichnete Ursula Hammann die Behauptung der Jäger, die geplante Verkürzung der Jagdzeit für Rabenkrähen und Elstern auf zweieinhalb Monate würde Hessen einem „stummen Frühling ohne Vogelgezwitscher“ näherbringen. Alle Untersuchungen hätten im Gegenteil gezeigt, dass eine Reduzierung dieser Jagdzeiten nicht zu einem Rückgang der Singvögel-Bestände führe. Im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern sei die Jagd auf diese Vögel sogar ganz untersagt, trotzdem gebe es dort nicht weniger Singvögel als in Hessen. Auch im Bundesjagdgesetz seien diese Tiere nicht als jagdbare Arten aufgeführt.
Igel und Eichhörnchen fräßen auch gelegentlich Vogeleier, es würde aber niemand auf den Gedanken kommen, diese Tierarten deshalb zu bejagen.

Zuletzt ging es in der Diskussion noch um das Töten von wildernden Hunden und Katzen, das einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen werden soll. Einige Jäger behaupten, Hunde und manchmal auch Katzen würden unter anderem häufig Rehkitze reißen. Das konnte jedoch bisher nicht bestätigt werden. Die Katzen werden außerdem beschuldigt, zu viele Vögel zu fressen. Dabei haben Untersuchungen ergeben, dass Katzen sich zu über 90 % ausschließlich von Mäusen ernähren, wie eine anwesende Försterin bestätigte. Schließlich wurde die Katze wegen ihrer Fähigkeit Mäuse und Ratten zu fangen vom Menschen domestiziert. Beim Jagen wildernder Hunde und Katzen wurden versehentlich auch schon Wildkatzen oder Wölfe erschossen, deren Anwesenheit im Wald ja ausdrücklich erwünscht ist.

Am Ende der Diskussionsveranstaltung waren sich fast alle einig darüber, dass es wichtig war, die sehr unterschiedlichen Meinungen zu den anstehenden Änderungen in der Jagdverordnung zu hören. Die meisten der Anwesenden sahen in der künftigen stärkeren Zusammenarbeit von Forst, Naturschutz, Landwirtschaft und Jagdverbänden eine positive Entwicklung. Gerade in der Landwirtschaft könnte einiges dafür getan werden, dass im Bestand bedrohten Tierarten – unter anderem Feldhasen, Rebhühner und einige Singvogelarten – wieder ein ausreichendes Nahrungsangebot und genügend Lebensraum zur Verfügung steht.

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Politik & Wirtschaft