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Geschichts- und zukunftsträchtig: Sanierung des Rhönhofs verbindet Denkmalpflege, Stärkung der Innenstadt und Inklusion

625-RhönhofDer Leerstand von Gebäuden ist ein in Tann viel diskutiertes Thema. Nun möchte eine gemeinnützige Stiftung helfen, diesem Problem zu begegnen. Als Startprojekt widmet sie sich dem „Rhönhof“ am Rand der Kernstadt, der zu einem Leuchtturm für inklusives, intergeneratives und innovatives Wohnen im ländlichen Raum entwickelt werden soll.

Bei dem Objekt handelt es sich um einen der letzten osthessischen Vierseithöfe. Während das zweigeschossige Wohnhaus seit einigen Jahren nicht mehr bewohnt ist, wurden der Stall und die beiden Scheunen von einem Tanner Landwirt erworben. „Dass ein Vierseithof – zudem innerstädtisch – noch ursprünglich genutzt wird, ist einzigartig“, sagt Architekt Stephan Koch, einer der beiden Gründer der Aktiv/Stiftung. Deshalb erklärte das Landesamt für Denkmalpflege Hessen das 1907 gebaute Gesamtensemble im vergangenen Jahr zum Kulturdenkmal.

„Eine Besonderheit ist auch das Eiche-Fachwerk, da zu der damaligen Zeit vor allem  preisgünstigeres und leichter zu bearbeitendes Nadelholz Verwendung fand“, ergänzt Eva Kohlmann, die beim Landkreis für Denkmalschutz zuständig ist. Sie hebt hervor, dass in dem Rhönstädtchen in jüngerer Zeit bereits einige denkmalgeschützte und ortsbildprägende Gebäude wiederbelebt worden seien, beispielsweise das Café Fabula. „Ich sehe eine hoffnungsvolle Entwicklung, die durch das Rhönhof-Projekt weiteren Auftrieb erhält“, so die Fachfrau. Im Januar soll mit der Restaurierung begonnen werden. Bereits vor kurzem erfolgte eine notfallmäßige statische Sicherungsmaßnahme am südöstlichen Gebäudeteil, um dieses vor dem Einsturz zu bewahren.

Der bei München lebende Eigentümer und Jurist Lothar Heißenberg, ein gebürtiger Tanner, hat sein Geburtshaus der in Gründung befindlichen Stiftung vermacht. Deren Zweck ist es, Immobilien zu gemeinwohlorientierten Zwecken zu entwickeln, bewohnbar zu machen und auf Dauer zur Verfügung zu stellen.

Ein wichtiger Baustein für die Finanzierung sind Fördergelder. Mit 600.000 Euro wird die denkmalgerechte Sanierung des Rhönhofs veranschlagt. Der Landkreis hat das Projekt in das „Leader“-Programm „Ländliche Entwicklung“ aufgenommen, wodurch 200.000 Euro an EU-Geldern fließen. Selbst leistet der Kreis eine Beihilfe zum Erhalt denkmalgeschützter Gebäude von 5000 Euro. Das Landesamt für Denkmalpflege hat einen Zuschuss in Höhe von 50.000 Euro zugesagt. Des Weiteren liegt der  bundesweiten Stiftung Wohnhilfe ein Antrag auf Förderung vor.

Denn im Rhönhof soll barrierearmer Wohnraum für Menschen mit körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderungen geschaffen werden. „An barrierearmen Wohnungen fehlt es in Tann bislang, auch mit Blick auf den demografischen Wandel“, äußert sich Bürgermeister Mario Dänner erfreut über das Projekt, das nach seinen Worten ein Muster ist, wie man dem Leerstand positiv begegnen kann. Das Tanner Diakoniezentrum fungiert als gemeinnütziger Partner. Zudem wird der Tanner Kultur- und Geschichtsverein (KGV) zwei Räume im Erdgeschoss zur Nutzung erhalten. „Wir benötigen für unsere Materialien und für unsere Treffen dringend Platz“, erklärt der Vorsitzende Hans-Jürgen Krenzer. „Dass wir diesen in einem historischen Gebäude erhalten – immerhin war der Rhönhof einer der größten Tanner Bauernhöfe –, passt hervorragend ins Konzept des KGV.“

Vielleicht findet sich dann im Vereinsraum auch ein Plätzchen für die Original-Baugenehmigung. Gerade planen Architekt Stephan Koch und Stefan Burkard vom Tanner Diakoniezentrum moderne, barrierearme Bäder nach neuestem technischen Stand, wohingegen 1907 Bauherr Friedrich Leubecher  beachten musste, „den Abort wasserdicht sowie mindestens fünf Meter vom nächsten Brunnen und einen Meter von der Grenze entfernt herzustellen“.

Info
Die Aktiv / Stiftung i. Gr.
Stephan Koch und Lothar Heißenberg möchten mit dem Rhönhof ein bundesweites Modell der Zustiftung begründen. Ziel ist es, Gebäude und Grundstücke für eine soziale und gesellschaftliche Nutzung zu sichern. Dafür sollen gemeinnützig handelnde Menschen und Institutionen zusammengebracht und die Finanzierung von Projekten mit Hilfe von Förder- und Spendengeldern ermöglicht werden. Deshalb sucht die Aktiv / Stiftung Kontakt zu Menschen, die nicht wissen, wie ihre Immobilie, beispielsweise nach ihrem Tod, genutzt werden soll. Die Stiftung hilft, einen klar definierten Stiftungszweck umzusetzen, beispielsweise für den sozialen Wohnungsbau, für Vereine oder  – etwa im Falle eines Sammlers – der Errichtung eines Museums. Auch kirchliche, gemeinnützige und kommunale Institutionen können ungenutzte Gebäude oder Grundstücke für eine gemeinnützige Weiterentwicklung übertragen. Kontakt: Aktiv / Stiftung, Palais Buseck, Bonifatiusplatz 4, 36037 Fulda, Telefon (0661)2916743.

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