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Die Grundlagen und Voraussetzungen beruflicher Rehabilitation von Menschen mit psychischer Erkrankung umfassend betrachtet und diskutiert

Gut gefüllt war der Tagungssaal des Bonifatiushauses Fulda mit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern anlässlich des Fachtages „Rehabilitation psychisch kranker Menschen in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) – heute und zukünftig“ Zweck des Fachtages, dessen thematische Wichtigkeit sich auch daraus erlesen ließ, dass es für ihn Anmeldungen von Vertretern und Entscheidern aus Einrichtungen für psychische kranke Menschen deutschlandweit gegeben hatte, war die dezidierte Darstellung der Bedeutung beruflicher Rehabilitation im Rahmen der Assistenz psychisch kranker Menschen. Dabei sollte speziell auch die Funktion und Bedeutung von Werkstätten in den Systemen der Rehabilitation und der Eingliederungshilfe herausgearbeitet werden, die den psychisch Erkrankten ja in erster Linie die Teilhabe an Arbeit in einer der Leistungsfähigkeit des Einzelnen angepassten Form ermöglicht.

 

In einem Eingangsstatement ging Bernd Wystrach, als Gesamtleiter Caritas Berufswege und Werkstätten der Behindertenhilfe des Caritasverbandes für die Diözese Fulda gewissermaßen Gastgeber für den Fachtag in der osthessischen Domstadt, auf die Funktion der Werkstätten als dem niederschwelligsten beruflichen Rehabilitationsangebot ein. Die Werkstatt biete einen Zugang zur beruflichen Rehabilitation ohne hohen Anspruch an die psychische Ausgangsstabilität der Betroffenen, jedoch seien die Vorbehalte der psychisch Erkrankten gegenüber den Werkstätten als Institution der Rehabilitation oft sehr groß. Die Werkstätten können aber eine ganz wesentliche positive Rolle für die Betroffenen bei der beruflichen Rehabilitation einnehmen, wenn diese Einrichtungen personenbezogen auch in Bezug auf Weiterbildung und Schaffung von Übergängen zum allgemeinen Arbeitsmarkt tätig seien. „Die Rehabilitation muss also immer vor allem auf eine Stärkung zur erneuten selbstständigen Lebensführung hinwirken. Werkstätten sind als Orte der Teilhabe an Entwicklung, Bildung und Arbeit im System der Rehabilitation von psychisch kranken Menschen unverzichtbar – es gibt keine vergleichbare Kompetenz“, unterstrich Wystrach. Wichtig sei die Kontinuität der kompetenten und zuverlässigen Begleitung der Menschen, Experimente durch aneinandergereihte Einzelmaßnahmen seien nicht hilfreich. „Menschen mit psychischen Erkrankungen dürfen in ihrer Wiederentfaltung nicht behindert werden. Sie müssen in die Gestaltung und Planung ihrer Rehabilitation einbezogen werden“, so Wystrach.

 

Die weiteren Hauptreferenten des Fachtages beleuchteten sodann die verschiedenen Aspekte beruflicher Rehabilitation von psychisch Erkrankten im Kontext mit den vorgehaltenen Angeboten. So sprach Frank Rogalski von der Lebenshilfe Braunschweig über die berufliche Qualifizierung im Berufsbildungsbereich der Werkstätten; hier sollte zunächst besonders für diesen Personenkreis die Befähigung zum Lernen im Mittelpunkt stehen um daraus abgeleitet das berufliche lebenslange Lernen abzuleiten. Die berufliche Rehabilitation in den Werkstätten selbst war Thema von Dipl.-Psychologe Roland Haag von den Wertachtal-Werkstätten, der anschaulich auf die Voraussetzungen für kognitive Lernprozesse einging und insofern deutlich machte, unter welchen fachlichen Voraussetzungen die Rehabilitation im Sinne der Wiederbefähigung gelingen kann.

 

Zuvor hatte Privatdozent Dr. Stefan Watzke als leitender Pychologe des Universtätsklinikums Halle/Saale über Bedeutung und Funktion der beruflichen Rehabilitation für die betroffenen Menschen referiert. Dabei ging es auch um den Erfolg solcher Maßnahmen: Gelingt es überhaupt, psychisch Menschen wieder für den sogenannten Ersten Arbeitsmarkt fit zu machen? Was sind die notwendigen Bedingungen?

 

Watzke hatte zunächst herausgestrichen, dass immerhin die Hälfte der weltweit zehn häufigsten Ursachen dauerhafter Behinderung psychischer Natur sind, und das psychische Erkrankungen nach Erkrankungen des Bewegungsapparates an zweiter Stelle der Ursachen für längerfristige Behinderung stehen. Es sei also wichtig und wünschenswert, eine erfolgreiche berufliche Rehabilitation psychisch Erkrankter zu etablieren. Jedoch sei die heutige Arbeits­gestaltung diametral entgegengesetzt zu den Bedarfen von psychisch kranken Menschen: So herrsche zum Beispiel hoher Termindruck und sei starkes Durchsetzungs­vermögen verlangt. Zudem sei es eine große Herausforderung für psychisch Kranke sich in einem Arbeitsmarkt zu behaupten, der nicht einmal genug Platz habe, um alle gesunden Arbeitnehmer unterzubringen. Die nach wie vor steigende Zahl der psychisch kranken Menschen stelle in den nächsten Jahren eine besondere gesellschaftspolitische Herausforderung dar.

 

20 Prozent der chronisch psychisch kranken Menschen, so Watzke, arbeiteten derzeit im geschützten, also zum Beispiel an Arbeitsplätzen in Werkstätten oder in begleiteten betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen, weitere fünf Prozent befänden sich in der ambulanten Rehabilitation. Voll- und teilzeitbeschäftigt seien insgesamt gut zwölf Prozent. Berufliche Desintegration der Betroffenen führten aber auch zu sozialer Desintegration, was eine Verstärkung der depressiven Symptome zur Folge habe. Das gesellschaftliche Interesse einer erfolgreichen beruflichen Rehabilitation, resümierte Watzke, müsse also entsprechend groß sein.

 

Nach den Vorträgen vertieften die Fachtagungsteilnehmer zwei ausgesuchte Fachthemen in Foren: Zum einen ging es um die Methodik und Didaktik bei der Zusammenarbeit von Menschen mit geistiger und psychischer Beeinträchtigung. Das andere Forum thematisierte die womöglich unterschiedliche Wahrnehmung beruflicher Rehabilitation durch Betroffene mit verschiedener Behinderungsursache und Krankengeschichte.

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