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Mentorenprogramm zur Integration von Flüchtlingen vorgestellt

Eine breite Initiative aus namhaften Unternehmen und Institutionen will in Hessen ankommende Flüchtlinge fit für den Arbeitsmarkt machen. Bei dem am Mittwoch in Wiesbaden vorgestellten INCHARGE Programm übernehmen Mitarbeiter aus großen Unternehmen wie Opel, Kienbaum, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Sixt oder K+S eine Mentorenrolle für Flüchtlinge und helfen diesen beim Spracherwerb, dem Schreiben von Bewerbungen oder dem Gang zu Ämtern und Behörden. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, Sozialminister Stefan Grüttner, Dr. Karl-Thomas Neumann, Vorsitzender der Initiative INCHARGE und Dr. Frank Martin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, gaben heute im Hessischen Landtag den offiziellen Startschuss für die Initiative „INCHARGE – for the next generation in charge“.

„Wir wollen ein deutliches Zeichen der Solidarität setzen und einen Beitrag zur Integration leisten. INCHARGE hilft arbeitslosen Jugendlichen und Flüchtlingen, Job-Barrieren zu überwinden“, sagte der Vorsitzende der INCHARGE Initiative und Vorsitzende der Geschäftsführung der Opel Group GmbH Dr. Neumann, bei der Vorstellung des Projekts.

Die hessische Landesregierung unterstützt das Programm. Die zuständigen Minister Al-Wazir und Grüttner kündigten an, aktiv auf weitere Unternehmen zuzugehen und für eine Teilnahme zu werben. „INCHARGE ist ein Beispiel dafür, wie Integration gelingen kann. Wirtschaft, Politik und Privatpersonen engagieren sich gemeinsam für die beruflichen Chancen der Flüchtlinge. Flüchtlinge erfahren so früh wie möglich, wie sie ihre Fähigkeiten in Deutschland einbringen und ihre berufliche Zukunft aufbauen können. Über das Mentoring werden persönliche Beziehungen aufgebaut, die im besten Fall auch nach dem Projekt noch bestehen bleiben“, so Al-Wazir.

Grüttner betonte: „Wir haben in diesem Jahr eine Herkulesaufgabe bei der Unterbringung der Flüchtlinge in Hessen gestemmt. Das ist ein erster Schritt. Aber es muss weitergehen für die Menschen, die hier Schutz suchen und der Erwerb unserer Sprache wie auch die Teilhabe am Arbeitsmarkt, sind elementare Säulen für echte Integration. Deshalb sind Programme wie INCHARGE so wichtig. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen, die im Projekt mitmachen, führen die ihnen anvertrauten Menschen an unser Land, die Sprache und die Arbeit heran.“

Das Programm richtet sich an Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis oder einer entsprechend guten Perspektive. Die Auswahl und erste Kontaktaufnahme erfolgt durch die Agenturen für Arbeit und Jobcenter. Aktuell sind hessenweit rund 9.600 Menschen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Pakistan, Somalia, Eritrea und Nigeria als arbeitslos erfasst. Mehr als zwei Drittel von ihnen lebt im Rhein-Main-Gebiet. „Das Interesse bei den Flüchtlingen, sich so schnell wie möglich auf dem Arbeitsmarkt zu Recht zu finden, ist groß. Und die Möglichkeit einen Einblick in die an dem Programm beteiligten Betriebe zu bekommen, wird von den Teilnehmern des Mentorenprogramms als Chance gesehen“, so Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen. „Das Programm geht weit über das übliche Engagement hinaus. Es zeigt nicht nur ein großes Maß an Hilfsbereitschaft und Engagement der Wirtschaft, sondern ist auch ein beispielhafter Weg, mit dem eigenen Wissen Flüchtlinge zu unterstützen, die sich erst in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt zurechtfinden müssen. Für uns als Bundesagentur ist „INCHARGE“ ein zusätzliches Instrument der Eingliederung.“

Bei zwei Veranstaltungen in der vorangegangenen Woche wurden bereits die ersten 80 Tandems aus Mentoren (Mitarbeiter/innen der INCHARGE Partnerunternehmen) und Mentees (Kundinnen und Kunden der Arbeitsagenturen und Jobcenter Frankfurt und Darmstadt) in Darmstadt und in Frankfurt gebildet. Sie wurden anhand größtmöglicher Übereinstimmungen von Geschlecht, Alter, Wohnort und beruflichem Hintergrund ausgewählt. Die Bandbreite der Mentoren reicht dabei vom Vorsitzenden der Geschäftsführung bis zum Produktionsmitarbeiter oder Koch.

Gemeinsam durchlaufen die Tandems nun auf freiwilliger Basis ein zwölfwöchiges Programm, das den Flüchtlingen Einblicke in die Arbeitswelt ihrer Mentoren ermöglichen soll. Unter Einbeziehung eines online Sprachlern-Tools lernen die Mentees interaktiv die deutsche Sprache und können das Erlernte gemeinsam mit Ihren Mentoren im Alltag anwenden. Hilfe bei der Wohnungssuche und dem Alltagsleben stehen ebenso im Fokus wie die Suche nach Weiterbildungs- und Joboptionen. Zu diesem Zweck werden gemeinsam Lebensläufe und Bewerbungsunterlagen erstellt und Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern sowie Aus- und Weiterbildungseinrichtungen aufgenommen. Durch den intensiven Austausch und die individuelle Betreuung werden die bestehenden Maßnahmen und Initiativen von Arbeitsagenturen und Jobcentern sinnvoll flankiert. An der Vorbereitung der Mentoren auf Ihre verantwortungsvolle Rolle hat sich auch die Initiative Joblinge gAG beteiligt, die bei der Auflage von Mentorenprogrammen über eine jahrelange Expertise verfügt. Begleitet und evaluiert wird das Programm bereits im Pilotprojekt von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Johannes Gutenberg Universität Mainz.

Al-Wazir lobte das ehrenamtliche Engagement der Mentoren. „Klar ist aber auch: Neben den freiwilligen Helfern ist auch der Staat gefragt. Deshalb wird die hessische Landesregierung im kommenden Jahr rund 90 Millionen Euro für die Sprach- und Ausbildungsförderung bereitstellen“, so der Minister. „Zentraler Baustein für die Integration junger Flüchtlinge ist eine gelingende berufliche Erstausbildung. Das Wirtschaftsministerium wird deshalb unter anderem im Rahmen eines neuen Landesprogramms jungen Erwachsenen eine intensive Berufsorientierung ermöglichen und den berufsbezogenen Spracherwerb fördern. Und Unternehmen, die einen Ausbildungsvertrag mit einem Jugendlichen mit Sprachförderungsbedarf schließen, erhalten dafür eine finanzielle Ausbildungsplatzförderung.“

Grüttner begrüßte das Programm darüber hinaus als einen „Baustein“ bei der anstehenden Fachkräfterekrutierung. Bis zum Jahr 2030 stehe Hessen vor der Herausforderung, einen Fachkräftebedarf von bis zu 600.000 decken zu müssen. „Für die hessische Gesellschaft ist Zuwanderung  und gelingende Integration eine große Chance zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und zum Ausgleich des Rückgangs und der Alterung der hessischen Bevölkerung. Zuwanderung und Integration sind eng miteinander verbunden. Das Mentorenprogramm INCHARGE ergänzt sehr gut die in Hessen bestehenden Aktivitäten. Im Bereich des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration beispielsweise wird die berufsspezifische Sprach- und Arbeitsmarktförderung inklusive der frühzeitigen Erfassung der Kompetenzen bzw. Bildungsvoraussetzungen und -anforderungen für Flüchtlinge im Rahmen der Ausbildungs- und Qualifizierungsbudgets eingeführt und mit Landesmitteln deutlich aufgestockt.“

Im Frühjahr 2016 soll das Mentorenprogramm INCHARGE bundesweit ausgerollt werden. „Wir arbeiten Hand in Hand mit der Arbeitsagentur, denn jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, Maßnahmen zu bündeln und auf den Arbeitsmarkt auszurichten“, so Dr. Neumann abschließend.

Hintergrundinformation
Ursprünglich wurde die Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa gegründet. Schnell wurde aber klar, dass sich die grundlegende Philosophie von INCHARGE auch auf das Flüchtlingsthema übertragen lässt. Alle Informationen zur Initiative „INCHARGE – for the next generation in charge“ sind online zu finden auf www.incharge.jobs. Dort können sich auch interessierte potenzielle Mentoren melden. Die zentrale E-Mail-Adresse der Organisatoren lautet mentor@inhcharge.jobs.

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Politik & Wirtschaft