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Energiewende vor Ort in Kefenrod

Die Fraktion der GRÜNEN in der ZOV-Versammlung, bestehend aus Vertretern der Landkreise Vogelsberg, Gießen und dem Wetteraukreis, hatte sich zu einer Fraktionssitzung in Kefenrod getroffen, um sich vor Ort über den potentiellen Konflikt beim Aufstellen von Windenergieanlagen im Wald mit dem Naturschutz zu beraten. Gastgeber in Kefenrod war Alfred Leiß, Vorsitzender der Ortsgruppe Bindsachsen des NABU und Vorsitzender des Naturschutzbeirates des Wetteraukreises. In dem vielfältig mit Natur- und Tierexponaten ausgestatteten Naturkundlichen Ausstellungsraum der NABU-Gruppe Bindsachsen wurde fachgerecht über Für und Wider der technischen Anlagen im geschlossenen Waldbestand gesprochen.

Der Fraktionsvorsitzende und Vogelsberger Udo Ornik skizziert kurz die Position der Fraktion. „Die Energiewende kann nur gelingen, wenn wir die Energiewende auch vor Ort voranbringen. Es geht uns darum, ausreichend ökologisch und ökonomisch sinnvolle Standorte zu identifizieren und diese auch zügig umzusetzen. Wir wollen,  dass die OVAG die Rolle als treibende Kraft in den Landkreisen Gießen, Vogelsberg und im Wetteraukreis stärker als bisher übernimmt. Wir wollen, dass das Ziel des Landes Hessen, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, Realität wird: Davon sind wir aber noch weit entfernt.“

Alfred Leiß beschreibt aus Sicht des Naturschutzes, wie der Energieversorger die Errichtung der vier Windkraftanlagen in Kefenrod umgesetzt hat. „Die OVAG hat hier alles richtig gemacht. Die Standorte wurden bereits im Vorfeld mit Bedacht ausgewählt, um auszuschließen, dass besondere Schutzgebiete von Fauna und Flora betroffen werden. In den Planungen wurden alle gesetzlichen Vorgaben streng und transparent eingehalten, die ornithologischen und Fledermausgutachten wurden sogar absolut vorbildlich und beispielhaft umgesetzt. Umfangreiche und aussagekräftige Fachgutachten wurden von einem sehr guten Planungsbüro bereits im Vorfeld vorgelegt. Und es wurde eine ständige Korrespondenz mit den Verantwortlichen vor Ort geführt.“

Jeronimo Sanchez, Abgeordneter für den Landkreis Gießen in der GRÜNEN ZOV-Fraktion, geht in seinen Ausführungen auf den häufigen Konflikt zwischen Naturschutz vor Ort und der Errichtung von Windkraft ein: „Ohne wirksamen Klimaschutz kann es auf Dauer keinen Naturschutz geben. Der Energiebedarf kann durch die anderen Erneuerbaren Energien ohne Windkraft nicht abgedeckt werden, auch nicht, wenn die Potentiale der Energieeffizienz und –einsparung voll ausgenutzt werden. Ohne Windkraft gibt es damit auch keinen Klimaschutz. Und ohne Klimaschutz gibt es keinen Naturschutz! Gleiches gilt für die Artenvielfalt. Der Klimawandel ist oft eine viel größere Bedrohung für den Fortbestand vieler Arten als ein Windrad.“

Alfred Leiß, der seit über 40 Jahren für den Artenschutz kämpft, weiß zu berichten: „Natürlich tut es mir um jedes Individuum leid, welches eventuell an einer Anlage verunfallt, aber das ist mir lieber, als das es die ganze Art nicht mehr gibt. Wichtig ist, dass wir im Vorfeld alles Erdenkliche dafür tun, Unfälle zu verhindern. Das bedeutet, vor allem die ökologisch verträglichsten Standorte zu finden. Das bedeutet aber auch in Regionen mit Windkraftanlagen den bedrohten Arten im weiteren Umfeld neue attraktive Lebensräume zu schaffen, damit sie auf Futtersuche gar nicht mehr in die Nähe der Anlagen kommen. Die gesetzlich erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen müssen direkt vor Ort umgesetzt werden, das kann und muss mit den Landwirten und Förstern vor Ort erfolgen, wie hier in Kefenrod.“

Ganz im Gegensatz zur gängigen Argumentation von Windkraftgegnern, sieht Leiß „für den Artenschutz nicht gleich Rot, wenn Anlagen im Wald errichtet werden sollen. Wirtschaftswälder ohne höhere Schutzausweisung sind bei uns tatsächlich nicht besonders artenreich. Wenn durch die punktuelle Öffnung des dunklen Raums mehr Licht einströmen kann und durch das Offenhalten der Flur niedrigere Pflanzen neue Heimat finden, kann tatsächlich neuer Lebensraum mit neuer Artenvielfalt entstehen. Selbst die Aufschotterungen entwickeln sich, wenn man sie zielgerichtet pflegt, zu Schotterbiotopen mit seltenen Insekten und Kleinreptilien. Wir dürfen nicht vergessen, dass sich außerhalb der Wälder durch die intensive Landwirtschaft eine artenarme ausgeräumte Landschaft befindet. Da können diese kleinen offenen Flächen im geschlossenen Wald wahren Oasencharakter für bedrohte Arten entwickeln. Das muss aber planvoll gesteuert werden. Deshalb ist es wichtig, dass hier alle vom Betreiber über Forst und Landwirtschaft bis zum Naturschützer konstruktiv zusammenarbeiten. So wie es hier in Kefenrod geschieht. So funktioniert die Energiewende, weg von Kohle und Atom“ resümiert Alfred Leiß.

Der GRÜNE ZOV-Parlamentarier Marcus Stadler und klimapolitischer Sprecher der Wetterauer Kreistagsfraktion fasst zusammen: “Wir müssen auch weiter mit allen betroffenen und interessierten Bürgern im Gespräch bleiben, um die besten Standorte für Windkraft zu finden, aber auch um die besten Ausgleichsmaßnahmen anzustoßen und Risiken für den Artenschutz zu minimieren. Bei aller Diskussion müssen aber auf jeden Fall die Sachargumente entscheiden und nicht die lauten Worte. Letztlich befinden wir uns in einem Abwägungsprozess zwischen Energiewende,  Artenschutz und Einzelinteressen. Die schwierige Aufgabe ist es, gemeinsam die besten und nachhaltigsten Lösungen zu finden, um am Ende bis 2050 gänzlich auf fossile Energieträger verzichten zu können.“

Foto: v.l.n.r.
Marcus Stadler (WK), Jeronimo Sanchez (GI), Gabriele Szepanski (VB), Rainer Michel (WK), Udo Ornik (VB), Brigitta Nell-Düvel (WK) und Alfred Leiß (NABU)

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