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Referate anlässlich der 45. Kulturtagung des Rhönklub e.V.

Rhön. Heribert Kramm bezeichnete sich gleich zu Beginn seines Vortrages nicht als Kunsthistoriker, sondern als ein Wanderführer zu den Schönheiten der Rhön.

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Renaissance kam nach Deutschland

Die Barock-Kunstrichtung sei als Weiterentwicklung der Renaissance aus dem Süden nach Deutschland gekommen. Die Fürsten, und damit die Kirche, wollten nach dem 30-jährigen Krieg einen Akzent gegen die Reformation setzen und schmückten ihre Kirchen prächtig aus. 1705 ließ Fürstabt Schleifras die Fuldaer Basilika abreißen und an deren Stelle den Dom errichten. Im Fuldaer Dom sei die Malerei spärlich, es herrsche die Architektur vor. In Würzburg sei die Hofkirche zum barocken Vorzeigeobjekt geworden. Im Kreis Fulda habe es nach dem Bau des Domes mehrere Kirchen gegeben, die alle barockisiert worden sind, z. B. Burghaun, Kleinsassen und Großenlüder. Mit hervorragenden Bildern zeigte der Referent die Fresken, d.h. die Farben werden in feuchten Putz gesetzt, der Brüder Andreas und Peter Herrlein, die überall in der Rhön noch aufzuspüren sind. Auch Emanuel Wohlhaubter sei ein berühmter Maler der Rhön. Er habe mit den Herrleins zusammengearbeitet. Andreas Herrlein war Hofmaler in Fulda. Peter Herrlein habe über 100 Kreuzwege in Kirchen gestaltet. Seine Arbeitsgebiete lagen um Schweinfurt und um Königshofen. Er arbeitete bereits in einer Arbeitsgemeinschaft und hatte Schreiner und Stuckateure und Maler zur Hand, so dass die Ausgestaltung einer Kirche wie aus einem Guss erscheint. Das größte Deckengemälde Unterfrankens befindet sich in der Kirche von Großwenkheim und stammt von Peter Herrlein. In der evgl. Kirche von Sondheim/Rhön befindet sich eine gewaltige Brüstungsmalerei, die Peter Herrlein 1775 malte. In Rödelmeier, Saal und in Ipthausen können Werke von Peter Herrlein auf Wandertouren besichtigt werden. Der Fotograf habe sich beim Fotografieren auf den Boden legen müssen, um die herrlichen Deckengemälde ablichten zu können.

„Volksfrömmigkeit im Barockzeitalter am Beispiel sakraler Flurdenkmäler in der Rhön“

Nach dem 30-jährigen Krieg breitete sich in der Rhön eine große Volksfrömmigkeit aus, die sich in vielen Flurdenkmälern äußerte. So begann Jürgen Reinhardt, Fulda, seinen Vortrag. Vor 1600 habe es schon Bildnisse von Heiligen auf Holz gegeben, die allerdings nicht von langer Dauer waren. Im Barock kam es dann zu einer gewissen Blütezeit mit einem enormen Gestaltungsreichtum. Man setzte nun Denkmäler aus Stein. Damit sollte der „alte“ Glaube dokumentiert werden. Der älteste erhaltene Bildstock steht in Stockheim. Er ist aus dem Jahr 1611. Die Bildstöcke waren auf einer schlanken Säule mit einem Reliefaufsatz versehen. Es gab 2 Schauseiten mit dem Bild eines Heiligen oder mit der Kreuzigungsgruppe. Oft war der Name des Stifters eingemeißelt. Spätere Bildstöcke hatten bereits Rundsäulen mit Weinlaubverzierung. Das Wallfahrtswesen nahm einen enormen Aufschwung. Für Flurprozessionen wurden Altarbildstöcke aufgestellt. Auf dem Steintisch wurde die Monstranz abgestellt. Auch die sog. Kreuzschlepper kamen an den Wegrand. Ein sehr schöner steht noch immer in der Ortsmitte von Oberweißenbrunn. Später schufen die Steinbildhauer auch die Pieta, also Maria mit dem toten Jesus auf dem Schoß. Im 18. Jahrhundert kam es zur Aufstellung vieler Feldkreuze. Von diesen finden sich in unserer Heimat noch sehr viele. Auch die Kreuzwege mit den 14 Stationen haben ihren Ursprung der Barockzeit. Aus dem Jahr 1710 stammt der älteste Kreuzweg, nämlich der auf dem Kreuzberg. Er sei zunächst unvollständig gewesen, so der Redner. Wahrscheinlich habe es am Geld gefehlt. In der Rhön folgten dann die Kreuzwege auf dem Frauenberg in Fulda, der am Kloster Altstadt bei Hammelburg und schließlich der auf dem Volkersberg. Alle 4 Klöster gehören dem Franziskanerorden. Auch in Fladungen, Rasdorf und auf dem Michelsberg bei Heustreu kann der Wanderfreund barocke Kreuzwege abwandern. Beliebt als religiöses Symbol des Glaubens war vor allem der Heilige Nepomuk. Bereits im Jahr 1683 wurde das „Urbild“ dieses Märtyrers auf der Karlsbrücke in Prag aufgestellt. Es findet sich in der Rhön auf vielen Brücken, denn Nepomuk wird als „Brückenheiliger“ verehrt. Zum Schluss betonte Reinhardt, dass alle Produkte der Volksfrömmigkeit ohne Druck von oben entstanden seien. Die meisten Denkmäler, die heute noch in der Flur bewundert werden können, stammen von Privatpersonen.

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