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Theaterexkursion der Klassenstufe WG 11 der Richard-Müller-Schule Fulda ins Schauspiel Frankfurt

Fulda. „Wohlan! Es eifre jeder seiner unbestochenen von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmut, mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, mit innigster Ergebenheit in Gott zu Hilf!“, so klingt es einstimmig am Anfang des dramatischen Gedichtes „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing.

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Friedliche Eintracht der Religionen in Lessings Drama „Nathan der Weise“

Die einhundert Schüler der 11. Klassen sowie fünf Lehrerinnen und Lehrer des Wirtschaftsgymnasiums der Richard-Müller-Schule Fulda waren am 29. April 2009 im Rahmen einer eintägigen Theaterexkursion zu Gast auf der größten Sprechbühne Deutschlands, dem Schauspiel Frankfurt, wo sie das großartig inszenierte Bühnenstück „Nathan der Weise“ anschauten und ein umfangreiches theaterpädagogisches Rahmenprogramm absolvierten.

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Kurz nach der Ankunft wurden die Schülerinnen und Schüler von dem Theaterpädagogen am Schauspiel Frankfurt, Herrn Raphael Kassner, herzlich empfangen. Dann ging es sogleich ins „Glashaus“, wo wir eine kleine theoretische Werkseinführung erhielten. Die Schülerinnen und Schüler hatten darüber hinaus die Möglichkeit zu einem intensiven Gespräch mit dem Dramaturgen der Nathan-Inszenierung, Herrn Jens Groß, um sich zunächst noch einmal die Botschaft des Stücks zu verinnerlichen und die anschließende Aufführung richtig interpretieren zu können.

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Dann war es endlich soweit. Pünktlich um elf Uhr startete die fast dreistündige Theateraufführung. Das dramatische Gedicht „Nathan, der Weise“, das als Paradestück der Aufklärung gilt, spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge. Der reiche Jude Nathan, fantastisch gespielt von Wolfgang Gorks, kehrt von einer Reise heim und erfährt, dass seine Tochter Recha (Abak Safaei-Rad) beinahe beim Brand seines Hauses umgekommen wäre, hätte sie nicht ein christlicher Tempelherr vor dem Feuer gerettet. Dank Nathans Überzeugungskunst überwindet der Tempelherr, faszinierend dargestellt von Rainer Frank, seine antijüdischen Vorurteile, nimmt den Dank Rechas entgegen und verliebt sich in sie. Gleichzeitig lässt der Sultan, welcher in finanziellen Schwierigkeiten steckt, Nathan zu sich kommen. Mit einer Fangfrage will er diesen bedrängen, um sich dann von ihm Geld zu leihen. Auf die Frage, welche Religion die wahre sei, antwortet Nathan mit der anfangs zitierten Ringparabel. Der Sultan ist von Nathans Antwort so beeindruckt, sie werden Freunde. Als sich schließlich herausstellt, dass Recha nicht Nathans leibliche Tochter ist, dass Recha und der Tempelherr gar Geschwister sind und dass sie die Kinder des verschollenen Bruders des Sultans sind, wird die Ringparabel real: Die miteinander verwandten Vertreter der drei großen Religionen fallen sich einträchtig in die Arme.

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Im Zentrum des Stückes steht die Ringparabel und taucht mehrmals in der Inszenierung auf. Nathans Gleichnis von den drei Ringen, die die Weltreligionen darstellen, beschreibt die Unmöglichkeit, den richtigen Ring und somit richtige Religion herauszufiltern und formuliert die Hoffnung, dass es möglich sei, dass Konkurrenten in Toleranz und Respekt friedlich beieinander leben. Die Parabel wird in der Anfangsszene als gemeinschaftliches Gebet vor einer Klagemauer aus Fernsehern gesprochen. Nathan erzählt sie zudem dem Sultan und so bildet sie den Schluss des Stücks als eine massive Aufforderung, das Gesehene umzusetzen.

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Die Identifizierung mit den Charakteren des Stückes gelingt problemlos dank der hervorragenden schauspielerischen Leistungen und der Einführung ins Stück. Zu Beginn sitzen die Akteure wie Flüchtlinge am Rand der Bühne, in der Mitte ein tiefer Abgrund, das gähnende Nichts. Langsam fahren nun goldene Bühnenelemente nach oben, die als Brücken über dem Loch fungieren. Sobald die Schauspieler diese goldene Fläche betreten, werden sie zu den Charakteren aus „Nathan der Weise“. Dabei tragen sie entgegen allen Erwartungen sehr moderne und legere Kleidung. Der Regisseurin Karin Neuhäuser ist es grandios gelungen, Modernes mit Altem zu verbinden und die Kernaussage des Stücks den Zuschauern zu vermitteln. Unterstützt wird dies durch das einfache, aber dennoch ausdrucksstarke Bühnenbild von Franz Lehr, sei es die Klagemauer aus Fernsehern, die deutlich macht, wie sehr uns die Medien im Griff haben.

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Besonders effektvoll waren die hoch- und herunterfahrenden goldfarbenen Bühnenelemente, die die Rangordnung der Charaktere wirkungsvoll unterstrichen. Besonders beeindruckte das dynamische Schlussbild, als die riesige Fernsehmauer aus dem Hintergrund plötzlich mit lauter Musik nach vorn fährt und der Zuschauer nun Teil des Bühnenraums wird. Das Publikum ist dadurch aufgefordert, das Gesehene umzusetzen, die notwendige Toleranz und den Respekt aufzubringen, dass ein friedliches Zusammenleben von multikulturellen Gesellschaften möglich scheint. In diesem Sinne ist „Nathan der Weise“ natürlich auch für heute wieder ein wichtiges Stück und sehr aktuell.

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Nach Beendigung des Stücks beantwortete der Theaterpädagoge Herr Kassner den Schülern offene Fragen, wobei man bemerkte, dass viele Schüler ganz unterschiedliche Interpretationen zu dem soeben Gesehenen hatten. Herr Kassner bestätigte jedoch, dass eine individuelle Interpretation des Stückes durchaus möglich sei. Zum Schluss genehmigte uns Herr Kassner dann auch noch einen kurzen Blick hinter die Kulissen des Theaters.

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Die Schüler resümierten, dass Theaterspielen ein idealer Ort für Kommunikation, das Zusammenkommen, der Auseinandersetzung sowie ein Ort der möglichen Veränderung ist. Nach einem anstrengenden, aber aufregenden Tag in Frankfurt traten wir zufrieden die Heimfahrt an. (Tanja Fingas und Sabrina Leihs)

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