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Amour Fou in der Kunststation Kleinsassen

090909_kleinsassen2Kleinsassen. Dass Salvador Dalí einer der wichtigsten Vertreter der Kunstrichtung des Surrealismus ist, ist bekannt. Seine aus dem Unbewussten gespeisten Bilder von brennenden Giraffen, zerlaufenen Uhren, Frauenkörpern mit Schubladen und Elefantenwesen aus Stelzenbeinen gehören zum Allgemeingut moderner Kultur. Auch dass er eine exzentrische Figur war, die mit Bildern und all den anderen mehr oder weniger künstlerischen Erfindungen, zu Geld und Ruhm gelangte und schon zu Lebzeiten eine Legende war, wissen viele. Wie viel Anteil an seinem Erfolg jedoch dem Wirken seiner Ehefrau und großen Liebe Gala zu verdanken ist, das gehört zu den weniger beleuchteten Kapiteln der Kunstgeschichte. Umso spannender war das, was man in der brillant vorgetragenen Lesung der Schauspielerin Cora Chilcott erfuhr, die passenderweise in der Umgebung der aktuellen Ausstellung von Dalí-Graphiken aus dem Berliner Dalí-Museum in der Kunststation stattfand. Plötzlich wurde neben oder vielmehr hinter der Erscheinung des „Genies“ der Mensch Salvador Dalí sichtbar, der nicht nur furchtbar ängstlich und labil war, sondern auch einen Großteil seiner Schaffenskraft aus dieser Liebe bezog, die ihn aber gleichzeitig auch nahezu alles kostete, eine echte „amour four“ eben.

Allein schon die erste Begegnung der beiden kann als wahrhaft surrealer Akt bezeichnet werden, denn Dalí hatte einen seiner hysterischen Lachanfälle, die ihn damals oft heimsuchten. Dann ihre Begegnung am Strand, als sie ihn mit ihrer Ausstrahlung, ihrem tiefen Verständnis für seinen Seelenzustand und ihrem absoluten Glauben an sein Genie beeindruckte, und ihre folgende Liebesgeschichte, die damit begann, dass sie mir nichts dir nichts ihren Ehemann und ihre gemeinsame Tochter verließ, um mit dem damals zwar viel versprechenden aber noch gänzlich unbekannten Dalí zusammenzusein, das alles bietet genug Stoff für einen opulenten Hollywoodstreifen. Doch es müssen nicht immer bewegte Bilder sein, die die Fantasie in Gang setzen, wie man an dem fesselnden Vortrag von Cora Chilcott erleben konnte. Mal dramatisch, mal leise, mal deutlich aus Galas Sicht, mal die krude Diktion von Salvador Dalí höchst selbst imitierend, bot sie ein umfassendes, tiefgründiges, gut recherchiertes und abwechslungsreiches Panorama dieser Liebesgeschichte und offenbarte dabei, dass es eines Schauspielers bedarf, um Texte lebendig werden zu lassen. Da spielte es auch kaum eine Rolle, dass die Beamertechnik, mit deren Hilfe Bilder und Fotos aus Dalís Leben projiziert wurden, im zweiten Teil der Veranstaltung ihren Dienst versagte.

Cora Chilcott wurde in Leipzig geboren, erwarb ihr Schauspieldiplom an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg, war Sprecherin im Deutschland Radio Berlin und war am Senftenberg Theater, im Hans-Otto-Theater in Potsdam und am „bat Studiotheater“ in Berlin engagiert. Seit 2001 ist sie Gast beim Berliner Ensemble. Auch im Fernsehen und im Kino ist sie bereits zu sehen gewesen, u.a. in dem preisgekrönten Film „Tears of Kali“, in dem sie die Hauptrolle spielte. Auch mit Soloprojekten wie „Cora Chilcott goes DADA“ oder „Erlkönigs Tochter“ oder Duo-Programmen wie einem Brecht/Weill Abend oder einem Rilke Abend machte sie auf sich aufmerksam. Auftritte im Künstlerklub „Die Möwe“ in Berlin folgten, im „Roten Salon“ der Berliner Volksbühne, im Max-Ernst-Museum in Brühl, in der Liederhalle Stuttgart, der Festhalle Pirmasens, auf Schloss Britz, Berlin, auf den Schlossfestspielen Hanau, den Thüringer Bachwochen oder in den Goetheinstituten in Lissabon und Riga, um nur einige zu nennen.

Wenn sie dieser Liste einen weiteren Auftritt in Fulda oder Kleinsassen hinzufügen würde, wäre das ein echter Gewinn.

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