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Geburtstagsfeier für ein Juwel der Rhön – Vor 30 Jahren wurde das Rote Moor unter Naturschutz gestellt

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Ehrenberg / Gersfeld. Vor 30 Jahren – viel zu spät, wie einige meinen, wurde das Rote Moor unter Naturschutz gestellt. Bis 1984 fraßen sich jedoch die Bagger noch durch den Torf. Das, was übrig geblieben ist, steht seitdem unter besonderem Schutz. In Ehrenberg trafen sich jetzt verschiedene Fachleute, um anlässlich des 30-jährigen Jubiläums als Naturschutzgebiet in die Geschichte des Roten Moores zu blicken und Perspektiven für die Zukunft zu geben. Das Hochmoor spielt nämlich als Lebensraum für das Birkhuhn eine besondere Rolle.

Das Naturschutzgebiet Rotes Moor habe die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz sowie die Obere Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Kassel als „Eltern“, meinte der Vorsitzende der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, Oliver Conz. Die „Hebamme“ sei die Stiftung Hessischer Naturschutz gewesen. Den 30. Geburtstag habe das Regierungspräsidium organisiert. Besonders Dr. Jochen Tamm von der Oberen Naturschutzbehörde und Ewald Sauer von der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön hätten sich für die Feier eingesetzt.

Ehrenbergs Bürgermeister Thomas Schreiner hob hervor, dass in den vergangenen Jahrzehnten vor allem eines gelungen sei: die Akzeptanz in der Bevölkerung für Naturschutz und das Biosphärenreservat Rhön. „Das ist für mich das wichtigste“, sagte Schreiner. Ehrenberg selbst bezeichnete er als „Naturgemeinde“, die 300 Hektar Kernzone besitze. „Wir haben unseren Beitrag zur Schaffung des entsprechenden Anteils an Kernzone im Biosphärenreservat geleistet; jetzt müssen andere nachlegen“, meinte Schreiner. Das Naturschutzgebiet Rotes Moor, das in die Gemarkungen der Gemeinden Ehrenberg und Gersfeld fällt, sei in der Tat eine Besonderheit.

„Das Rote Moor wurde 1979 Naturschutzgebiet – eigentlich viel zu spät“, sagte der Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Mark Weinmeister. Allerdings gebe es heute dort unter anderem die Torfmosaikjungfer – und das sei ein Zeichen, dass die Unterschutzstellung einen Sinn gehabt hat. Weinmeister richtete seinen ausdrücklichen Dank an alle, die an der Renaturierung des Roten Moores beteiligt waren – in erster Linie an die Ehrenamtlichen, aber auch an die, in deren Dienstpflicht es fiel.

Die Entwicklung des Birkhuhnbestandes im Roten Moor bereite Sorgen. „Das Birkhuhn ist in seiner Population nicht so vorangekommen, wie wir uns das vorgestellt hatten“, musste der Staatssekretär zugeben. Das Naturschutzgebiet Rotes Moor, sagte Weinmeister, trage zum Tourismus im Biosphärenreservat Rhön bei. Der Balanceakt zwischen Tourismus und Naturschutz werde im Biosphärenreservat gelebt – dafür sei das Rote Moor der beste Beweis.

Als das Rote Moor vor 30 Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt wurde, habe es viele Gegner und Zweifler gegeben, erinnerte Gersfelds Bürgermeisterin Margit Trittin. Schließlich habe das Moor Menschen zum Broterwerb gedient; es sei Arbeitsplatz gewesen. „Mit der Ausweisung zum Naturschutzgebiet gingen viele Verbote einher. Aber heute, 30 Jahre später, können die Zweifler von damals eines nicht vom Tisch wischen: Ohne die erfolgte Ausweisung zum Naturschutzgebiet gäbe es kein Rotes Moor mehr.

Das Rote Moor hat uns eine touristische Attraktivität beschert, und wir werben mit diesem Prädikat“, meinte Trittin. Der Konflikt zwischen Nutzern und Schützern sei da, werde jedoch auf einer sachlichen Ebene ausgetragen. „Die Ausweisung des Roten Moores zum Naturschutzgebiet hat uns mehr Chancen als Risiken eröffnet“, betonte die Gersfelder Bürgermeisterin. Für ein umfassendes Verständnis seien jedoch immer Aufklärung und Information nötig. Daher wünsche sie sich, das Haus am Roten Moor in Zukunft mit mehr Informationen auszustatten als bisher.

„30 Jahre sind keine Kategorie der Natur. Es hat Tausende Jahre gebraucht, um das Rote Moor aufzubauen. Aber es ist ein Jubiläum, auf das man stolz sein kann“, unterstrich Fuldas Landrat Bernd Woide. Naturschutz sei immer eine Frage der Herangehensweise und der Interessenabwägung. Im Biosphärenreservat Rhön sei ein guter Weg gelungen zwischen regionaler Entwicklung auf der einen und Naturschutz auf der anderen Seite. „Naturschutz gegen den Menschen zu machen ist schwierig, wenn nicht unmöglich“, hob Woide hervor. Auch er betonte, dass das Rote Moor in den letzten 30 Jahren durch das ehrenamtliche Engagement vieler gelebt habe. „Wir haben zwar Hauptamtliche, aber das ehrenamtliche Engagement im Naturschutz ist durch nichts zu ersetzen.“

Adalbert Fischer, Forstamtsleiter von Hofbieber, erinnerte daran, dass in einigen europäischen Ländern heute noch Torf abgebaut und in der Bundesrepublik verkauft werde. „Und wir hier sind stolz darauf, wenn das Torfmoos um zwei Zentimeter wächst“, fügte er hinzu. Fischer sprach sich für ein Verbot des Torfhandels in Europa aus, um die „Geschwister“ des Roten Moores zu schützen.

Neben dem Stopp des Moorabbaus, einer Besucherlenkung, der Fichtenrodung und der Verlagerung des Segelflugbetriebs sei es bei der Ausweisung des Roten Moores zum Naturschutzgebiet in erster Linie um den Schutz des Birkhuhns gegangen, sagte Jörg Burkhard von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Fulda. Heute gebe es praktisch keine Birkhühner mehr im Roten Moor. „Es liegt an uns, was für diese Art tun können, um den Lebensraum Rotes Moor wieder für Birkhühner interessant zu machen“, meinte Burkhard.

Ewald Sauer von der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön erklärte, dass man nicht nur das Rote Moor allein sehen dürfe, was das Birkhuhn anbelangt. Vielmehr gehe es um die Umgebung, also die Erweiterung des Lebensraums. Ein Beispiel für dieses Bestreben sei die durchgeführte Rodung der Fichtenbestände am Mathesberg, der vor Jahren noch einer der letzten Aufenthaltsräume und sogar Balzplatz für das Birkhuhn gewesen ist.

Die Grenzziehung, bis wohin nach der Ausweisung des Roten Moores als Naturschutzgebiet noch Torf abgebaut werden durfte, sei zu schmal gewesen, sagte Siegfried Reimann vom Bundesamt für Naturschutz. „Dennoch werden wir kleine Bereiche hinwegretten können“, meinte er. In dem völlig abgetorften Bereich gebe es inzwischen wieder kleine Keimzellen. Über eine Niedrigmoorvegetation könne so über Jahrhunderte etwas heranwachsen, was sich in 1 000 bis 2 000 Jahren wieder als Hochmoor präsentiert, gab er einen Ausblick. „Wir freilich werden das nicht mehr erleben.“

Die Reduzierung und Veränderung des Lebensraums sei der Grund für den Rückzug des Birkhuhns aus der Rhön, stellte Dr. Franz Müller aus Hettenhausen fest. In erster Linie sei die Aufforstung daran schuld. Außerdem seien in den letzten Jahren die Bestände des Birkhuhns schöngeredet worden, wenn sie einmal leicht anstiegen. „Um dem Birkhuhn zu helfen, wissen wir genug“, sagte Müller.

Er sprach sich für die Erweiterung und Vernetzung von potentiellen Lebensräumen, die Verlegung von Wanderwegen und eine strenge Überwachung des Flugsportbetriebs aus. Gleichzeitig mahnte er eine Länder übergreifende Schutzkonzeption für das Birkhuhn an, die noch immer ausstehe. „Dass das Birkhuhn bei uns auszusterben droht, liegt daran, dass vorgeschlagene Schutzmaßnahmen eben nicht kompromisslos durchgeführt wurden. Im Gegenteil – Konzepte wurden zerredet. Was fehlt, ist mehr Engagement seitens der Verwaltungsebene, um das Störungspotential zu senken“, beklagte der ehrenamtliche Naturschützer.

Foto: Mediendienst für das Biosphärenreservat Rhön

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