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Mehr als ein Staatssymbol: Die heilige Elisabeth im hessischen Münzbild

070927_ela024.jpgSchönes aus Fulda. Einen „alten Gast“ konnte Gunter Geiger, Leiter des Bonifatiushauses in Fulda, jüngst anläßlich eines Akademie-Abends begrüßen. Es war dies Professor Dr. Niklot Klüßendorf aus Amöneburg, der seit dreißig Jahren regelmäßig mit seinen Kindern und den Schulklassen seiner Frau Wochenendseminare in dem Haus der Weiterbildung des Bistums Fulda besucht. Diesmal kam der Hochschullehrer für Numismatik und Geldgeschichte, um über ein besonderes Thema vorzutragen: die weltliche „Verwertung“ der heiligen Elisabeth durch das hessische Fürstenhaus.

Erste Münzen mit dem Bild der hl. Elisabeth entstanden schon zu ihrer Zeit. Seit Hermann dem Gelehrten erscheint die Heilige von 1376 bis 1513 auf hessischen Münzen. Die Mitglieder des Landgrafenhauses betonten gern ihre Abstammung von der Heiligen. Dazu nutzten sie auch Münzen, die von Hand zu Hand gingen und so ein bewährtes Mittel der Massenkommunikation waren. Hier wandelte sich die Heilige von der Patronin der Fürstenfamilie zur Patronin des Landes. Die Marburger Elisabethkirche in der Hand der Heiligen erscheint auf Münzen schon 1444 und 1492/93, ihre Krone um 1376 bis 1390, das erste Ganzporträt 1492/93.

Mit der Devise GLORIA REI PVBLICE, also „Ruhm des Staates“, fand die Elisabeth-Darstellung in der Münzreform von 1502 von Wilhelm II. (1493–1509) ihren Höhepunkt. Unter Wilhelms unmündigem Sohn Philipp dem Großmütigen (1509–1567) wurden nach Hessens Beitritt zum Rheinischen Münzverein (1509) Elisabeth-Typen bis 1513 geprägt. Anschließend verschwand die Heilige, 13 Jahre vor der Reformation, von den Münzen. Philipp beseitigte seit 1526 als Kirchenreformator den mittelalterlichen Kult um die hl. Elisabeth. Damit steht aber das Verschwinden der Heiligen aus dem Münzbild nicht im Zusammenhang, sondern mit Vorgaben der damaligen Rheinischen Währungsunion.

Das Bild der Heiligen auf hessischen Groschen von 1510 bis 1513 stimmt mit der 1524 datierten Plastik von Ludwig Juppe (1465–1538) am Rathaus zu Marburg überein. Als bedeutendste weltliche Darstellung der hl. Elisabeth spiegelt das Relief in auffälliger Weise das Vorbild der „Albus“ Philipps. Sein Münzbild schmückt, 360fach vergrößert, das Rathaus bis heute – anfangs als Zeichen seiner Herrschaft über die Stadt.

Juppes Bruder Georg, ein Goldschmied und Siegelstecher, leitete 1509 als Münzkämmerer die Maßnahmen Hessens zum Eintritt in die Münzverträge der Rheinischen Kurfürsten. Zur Bauzeit des Rathauses war er als Schöffe Mitglied im Marburger Rat. Die Umsetzung eines Münzbildes in eine Großplastik ist völlig ungewöhnlich. Daß eine Münze Philipps die hl. Elisabeth am Rathaus verewigt, ist geradezu eine Ironie der Geschichte, wenn man an das Schicksal der unter diesem Landgrafen ausgeräumten und später nicht mehr zusammengebrachten Elisabeth-Reliquien denkt.

In der Baugeschichte des Rathauses spannt sich über die hl. Elisabeth eine ideelle Verbindung von der Grundsteinlegung (1512) bis zur Fertigstellung mit der Plastik von 1524. Für das Bauopfer legte man einen Goldgulden auf den Grundstein. Vieles, gerade Aktivitäten von Georg Juppe, spricht dafür, daß dies ein hessischer mit der hl. Elisabeth war. Somit liefern numismatische Quellen für die frühe Geschichte des Marburger Rathauses und zugleich für das ideelle Nachleben der Heiligen wesentliche Erkenntnisse.

Landgraf Philipps Münzverwaltung kommt dabei in ein neues Licht. Lange nach Ende der Prägung mit dem Bild der hl. Elisabeth wurden solche Sorten „unter der Hand“, mit alten Stempeln, falschen Prägejahren, zum Teil unter Mißbrauch des Namens von Philipps Vater Wilhelm II. nachgemünzt, sogar nach der Reformation. Unter dem Reformer gab es also staatliche Falschmünzerei, die wohl, im Sinne der „political correctness“, verdecken sollte, daß nach der Reformation noch frisch geprägte Münzen Elisabeth als „Ruhm des Staates“ feierten. Manche dieser Münzen dürften sogar aus dem Silber aufgelöster Klöster entstanden sein.

In diesem Jahr wird in eine deutsche 10-Euro-Gedenkmünze die hl. Elisabeth feiern, die eine europäische Heilige ist. Doch wird das Geldstück, wie der Referent anmerkte, nur in Deutschland umlaufen dürfen. Für eine allgemeine Geltung in der Euro-Zone hätte man allenfalls die Möglichkeit gehabt, die Heilige auf ein 2-Euro-Stück zu setzen.

Zum Foto: Die letzte reguläre hessische Elisabeth-Münze, ein halber Albus 1513

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