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EIN BLICK ZURÜCK NACH VORN Eine deutsch-italienische Ausstellung

100421_BonsaiKleinsassen. Silvestro Lega (1826 -1895) war ein berühmter Maler. Seine großformatigen Gemälde gelten als Vorboten des Impressionismus und als großartige Zeugnisse des italienischen Naturalismus. Eines seiner berühmtesten Gemälde, das Portrait des italienischen Unabhängigkeitskämpfers und Nationalhelden Garibaldi hängt in Modigliana, Legas Heimatstadt am Fuße des Apennin. Doch solche Portraits bilden die Ausnahme in seinem Schaffen, denn meist zeigt er auf seinen Bildern Szenen aus dem Alltag im 19. Jahrhundert, einfache Menschen und Verwandte in häuslichem Ambiente. Genau deshalb eigenen sich seine Bilder so gut, um sie nachzustellen und damit nicht nur die Malerei, sondern auch das Leben vergangener Tage wieder lebendig werden zu lassen. Genau das ist am letzten Wochenende in der Kunststation Kleinsassen passiert.

Eine ganze Delegation Aktiver und Verantwortlicher traf dazu aus Modigliana ein, denn Legas Bilder im Original in die Rhön zu bringen, war leider nicht möglich. Doch schafften es die Gäste aus Italien, die Gemälde trotzdem für das deutsche Publikum sichtbar zu machen. Gewandet in historische Kostüme und originalgetreu in nachempfundene Interieurs drappiert, wurden die Darsteller zu „lebenden Bildern“, eine Tradition, die im 15./16. Jahrhundert in Frankreich aufkam und vor allem im 19. Jahrhundert in ganz Europa beliebt war.

Dass diese Form der Kunstaktion heute wieder in Modigliana gepflegt wird, ist der Tatsache zu verdanken, dass man das neu erwachte Interesse an Silvestro Lega anlässlich der Hundertjahrfeier seines Todes 1995 wach halten wollte und in den „tableaux vivants“ ein erstaunlich zeitgemäßes Mittel fand. Seine Kunst wurde so greifbar, erlebbar und zu einem öffentlichen Ereignis. Auch in Kleinsassen zog dieses Event zahlreiche Schaulustige an, darunter Prominenz vom hessischen Justizministerium und vom italienischen Generalkonsulat in Frankfurt, das Regionalfernsehen berichtete in der Hessenschau.

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Doch – so publikumswirksam die lebenden Bilder auch waren – das war nicht alles, was die Organisatoren in Kleinsassen zu bieten hatten. So bildete eine Schau mit kunstvoll gezüchteten Bonsai die 2. Station der Schau „Quattro Stazioni“. Die Künstler Cesare Mazzoni und Giuliano Forcellini verstehen die Pflanzen als lebenden Werkstoff, den sie mit Hilfe des traditionellen japanischen Formenkanons bearbeiten.

Die wertvollen Miniaturbäume stammen alle aus der Umgebung von Modigliana und sind z.T. bis zu 250 Jahre alt, also Zeitgenossen von Silvestro Lega. Leider verwandelten diese lebenden Kunstwerke die Hallen der Kunststation nur kurz in einen kunstvollen Garten. Nach diesem ereignisreichen Wochenende sind sie gemeinsam mit den Darstellern der „Lebenden Bilder“ wieder heimgereist.

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Doch wer glaubt, damit sei der Besuch aus der „Unione Montana Acquetana“, einer der Rhön vergleichbare, in der Emilia Romagna gelegenen Bergregion zwischen Florenz, Bologna und Ravenna, schon wieder vorbei, der irrt. Zu bewundern sind noch bis zum 16. Mai die 3. und 4. Station der „Quattro Stazioni“ in der Kunststation: zeitgenössische Kunst von zwei Künstlern.

Sie fügen dem Blick zurück in die Historie, den die „lebenden Bilder“ ebenso gewährten wie die altehrwürdigen Bonsai-Pflanzen, einen Blick in die Gegenwart und Zukunft hinzu. Dabei vertritt der ebenso wie Silvestro Lega aus Modigliana stammende Künstler Giovanni Gurioli die italienische und die mit der Kunststation verbundene Künstlerin Susanne Isabel Bockelmann die deutsche Seite.

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Guriolis silbern schimmernde Aluminiumskulpturen und seine farbigen Plexiglas-Puzzelteile brechen und spiegeln das Licht. Seine Arbeiten erinnern einerseits an hochartifizielle ästhetische Designobjekte, andererseits an organische Formen, während Bockelsmanns von Hand auf Vlies und Chinapapier gedruckte großformatige Holz- und Linolschnitte die Querhalle mit luftig-farbigen Visionen füllen, die von fantastischen Wesen bevölkert werden, halb abstrakt, halb gegenständlich, aber auch ornamentale Kompositionen in symbolhaftem Duktus zeigen.

Bockelmann war es auch, die zur Einführung in die Ausstellung sprach. Sie erzählte, wie sie 2009 nach Modigliana reiste, um die Möglichkeit zu erkunden, Silvestro Lega nach Kleinsassen zu holen. Als klar wurde, dass sie selbst Künstlerin ist, wurde sie spontan zu einer Ausstellung eingeladen, bei der sie sowohl mit den Bonsai-Künstlern als auch mit Giovanni Gurioli in Kontakt kam. Die deutsche Seite erwidert diese Gastfreundschaft nun. Gurioli wird die nächsten 2 Wochen für einen Arbeitsaufenthalt in der Kunststation nutzen. Auf diese Weise ist über die Kultur ein weiterer Grundstein für eine hoffentlich lange währende lebendige Partnerschaft gelegt.

Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hofbieber und dem Hofbieberer Verein „Freundeskreis Italien e.V.“ organisiert wurde, ist noch bis zum 16. Mai. in der Kunststation zu sehen. (mb)


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