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Technik-, Zeit, Kultur- und Sozialgeschichte unter einem Dach

Fulda. Zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung wird es ab dem 3. Oktober 2010 im Deutschen Feuerwehr-Museum Fulda eine Ausstellung geben, die sich mit deutsch-deutschen Geschichten rund um den Brandschutz und das Feuerwehrwesen der Jahre 1949 bis 1990 befasst. Darunter ist auch jene von Karl Sauerbier aus Großentaft (damals Mitglied im Kreisfeuerwehrverband Hünfeld) verfasste Schilderung des grenzübergreifenden Flächenbrandes am 10. April 1969 in der Gemarkung Mansbach. Zu dessen Bekämpfung rückten die westlichen Wehren aus Mansbach, Oberbreitzbach und Soisdorf mit Traktoren und Jauchefässern an, während ihre östlichen Kollegen der Feuerwehr des Kaliwerkes Unterbreitzbach mit modernen Tanklöschfahrzeugen ausgestattet waren. Der verantwortliche Brandinspektor des damaligen Kreises Hünfeld, Herbert Glöckner aus Haselstein, nahm dies zum Anlass, bei Landrat Heinrich Beck in Hünfeld und der Hessischen Landesregierung darauf zu drängen und nicht eher nachzugeben, bis die Gemeinde Mansbach den Bewilligungsbescheid für ein neues Tanklöschfahrzeug (TLF) 16 bekommen hatte.

Solche Geschichten sind es, die nach Ansicht seines Leiters Rolf Schamberger unter anderem den Reiz des Deutschen Feuerwehr-Museums Fulda ausmachen.  Denn: „Die einzelnen technischen Daten sind zwar wichtig, doch beginnt für uns die Geschichte eines Objektes mit den Menschen, die damit gearbeitet haben.“ Der 51-Jährige vermag druckreif zu formulieren, wenn er die Bedeutung des Museums für die Region definiert: „Zum einen liegt Fulda gerade nach der Wiedervereinigung im Zentrum Deutschlands. Zum anderen ist unser Museum sowohl ein Magnet für diejenigen Menschen, die am Brandschutz und an der Feuerwehrgeschichte auf hohem Niveau interessiert sind, als auch für Nichtfeuerwehr-Leute, die sich seriös und umfassend über das Thema informieren wollen.“

Der 51-Jährige nennt es eine „weise Entscheidung“, im Jahr 1963 das Deutsche Feuerwehr-Museum in Fulda anzusiedeln – damals noch in der Alten Stadtschule. 1981 wurden mit der Wahl von Hinrich Struve zum Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes die Weichen für den sieben Jahre später eröffneten Neubau in der Fulda-Aue gestellt. Der heutige Ehrenpräsident, für den kürzlich vor dem Deutschen Feuerwehr-Museum ein Großer Zapfenstreich stattfand, war dabei vom damaligen Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Hamberger tatkräftig unterstützt worden. Schamberger: „Dem Engagement dieser beiden ist es zu verdanken, dass es kein ewiges Provisorium gab, sondern dass das Vorhaben zügig umgesetzt wurde.“

Der Kunsthistoriker leitet seit 1. Juli 1995 das Deutsche Feuerwehr-Museum Fulda.  „Unser Leitmotiv lautet ´Qualität statt Quantität´“, unterstreicht Schamberger, der das Museum als „kulturellen Dienstleister“ versteht: „Wir bieten nicht nur Technikhistorie, sondern auch Zeit-, Kultur- und Sozialgeschichte.“ Der Erfolg dieser musealen Philosophie gibt den Verantwortlichen Recht, denn jährlich werden rund 20 000 Besucher gezählt, quer durch alle Altersklassen und Schichten der Gesellschaft. Zwei Hallen bilden mit ihren Häusern und Hausfassaden auf 1.600 Quadratmeter Ausstellungsfläche eine Art Erlebnislandschaft. Die großen Geräte sind dabei in abgesenkten Gruben aufgebaut, die von erhöhten „Bürgersteigen“ umschlossen werden. Aufgrund dieses erhöhten Standortes wird besonders Kindern und Rollstuhlfahrern ein Blick auf das Innenleben ermöglicht.

Die Exponate des Museums weisen einige Highlights auf wie die älteste erhaltene, fahrbare Handdruckspritze der Welt (1624), aufwändig verzierte Handdruckspritzen aus dem Barock und Klassizismus, die älteste bekannte, von Pferden gezogene Drehleiter (1808), eine funktionsfähige Dampfspritze (1903), die erste elektroautomobile Drehleiter der Welt (1903) oder auch frühe Autospritzen aus den 1920er Jahren. Zudem wurde auf eine ausgewogene Darstellung der Feuerwehrgeschichte geachtet. Gerade die Ausrüstungen kleinerer Wehren sind deshalb ebenso berücksichtigt wie Sonderfahrzeuge großer Berufswehren. Und auch für die Praxis ist gesorgt, denn an einer Handdruckspritze neben dem museumseigenen „Löschteich“ kann man den Kräfte zehrenden Betrieb einer Handdruckspritze selbst ausprobieren. Schamberger: „Auch sonst wird Familienfreundlichkeit großgeschrieben. Für die kleinen Besucher wurde eine Spielecke eingerichtet, und ein speziell für Kinder präpariertes Führerhaus eines Feuerwehrfahrzeugs lädt zum Einsteigen ein.“

Neben seinem Leiter sind noch ein Haustechniker, eine Halbtagskraft im Sekretariat und ein ehrenamtlicher Mitarbeiter für das Museum tätig, der sich insbesondere der wissenschaftlichen Bibliothek widmet. „Hinzu kommen noch weitere ehrenamtliche Helfer, besonders von den Ortsteilwehren Johannesberg/Zirkenbach und Künzell/Bachrain, die immer dann einspringen, wenn Not am Mann ist“, wie Schamberger unterstreicht. Finanzielle Unterstützung kommt von der Stadt Fulda, vom Land Hessen, vom Deutschen Feuerwehrverband und von der „Mercedes-Benz-Stiftung zur Förderung des Deutschen Feuerwehr-Museums Fulda“, was zwei Drittel der Betriebskosten abdeckt. „Ein Drittel müssen wir selbst erwirtschaften“, betont der Museumsleiter, dessen Aussage zufolge „wir finanziell und personell eben nicht so ausgestattet sind, um regelmäßig große Sonderausstellungen zu fahren“.

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