„Dampf im Kessel“ – neue Staffel „Gernsehen und Abendessen“
Fulda. „Dampf im Kessel“ hatte die Entertainerin Marianne Blum zum Auftakt der neuen Staffel „Gernsehen und Abendessen“ angekündigt. Tatsächlich dampfte es kräftig aus den Töpfen der Kommunalpolitiker, die sich am Mittwochabend diesem Experiments gestellt hatten. Eine Herausforderung war das allemal, schließlich ist es gar nicht so einfach, vor Publikum über Politik zu sprechen, dabei auch noch witzig zu sein und etwas Essbares auf dem Herd zustande zu bringen. Es ließ sich nicht leugnen: Als Köche zeigten sich die Protagonisten zwar nicht unbegabt, in erster Linie aber sind sie Politiker. Mit Eifer griffen sie ihre Lieblingsthemen auf und mit großem Ernst warfen sie sich für ihre Überzeugungen in die Bresche. Manche konnten auch der Versuchung Wahlkampfreden zu halten, nicht widerstehen.
Andererseits erzeugte der heilige Ernst der Parteigegner im Zusammenspiel mit den provozierenden Fragen der Kabarettistin auch komische Momente, z.B. als der Vorsitzender der Stadtverordnetenfraktion der SPD, Bernhard Lindner, die Frage nach der Parteizugehörigkeit von Thilo Sarrazin bei der SPD mit „der hat sich rausintregriert“ beantwortete oder Marianne Blum laut darüber nachdachte, ob der gemeine Fuldaer grundsätzlich erst aus der Stadt weg gehen muss, um sie schätzen zu lernen. Originell auch der Vorschlag der Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler Margarete Ziegler-Raschdorf (CDU) den Museumsinnenhof mit einem Glasdach zu überdachen und einen Beach-Club an der Fulda einzurichten.
Heiß her ging es aber vorallem bei der Debatte um Themen wie die Pflasterung des Uniplatzes, der Frage, ob die Friedrichstraße Fußgängerzone werden soll, wie man das barocke Flair der Stadt erhalten kann, auch wenn Investoren schnell und kostengünstig architektonische Schuhschachteln hochziehen wollen, und bei der Schulpolitik, wobei die Meinungen auf dem Podium ebenso weit auseinander gingen, wie im Publikum. Während Bernhard Lindner – im Hauptberuf ist er Lehrer – eine Gesamtschule in Fulda und die Rückkehr zu G9 forderte, fand z.B. der Bürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Wolfgang Dippel (CDU), dass Fulda das erfolgreichste und beste Schulsystem Hessens habe. Ein Zuschauer pflichtete ihm lautstark bei, eine Dame im Publikum widersprach wütend und schilderte ihre Situation als Elternteil aus Dietershan mit schulpflichtigen Grundschülern.
Man sah es deutlich: Kommunalpolitik dreht sich um alltägliche Probleme, die die Menschen direkt betreffen. Es geht weniger um ideologischen Glaubensfragen, als um den Gestaltungsspielraum zwischen Gesetzen und Verordnungen aus Berlin und Brüssel und den Gegebenheiten vor Ort. Daher fielen bei allen schnippischen Wortwechseln die Differenzen auch viel geringer aus, als man das wahrscheinlich bei einem Kochduell auf Landes- oder Bundesebene erlebt hätte. „Vor Ort müssen die Leute zusammenleben und auch irgendwie miteinander auskommen,“ und „manches geht und manches kann man nicht bezahlen,“ so Dippels pragmatisches Credo.
Einzig der Hausherr des Museumskellers, Ernst Sporer, Vorsitzender der Stadtverordnetenfraktion von Bündnis 90/die Grünen, wagte nicht nur, zum ersten Mal in seinem Leben eine Mousse au chocolat zuzubereiten, sondern auch eine große Vision von Fulda als Vorzeigeprojekt „Öko-City“ und als Tourismusmagnet zu entwerfen. Er fügte an: „Wir müssen noch viel mehr für Fuldas Image tun und bekannt machen, was für eine tolle Stadt wir haben. Das können wir nur mit Kunst und Kultur.“ Er verlor das Kochduell trotz seines Wagemuts knapp gegen das Team von der CDU, das mit seinem afrikanischen Hähnchencurry den kulinarischen Sieg und einen goldenen Kochlöffel davon trug.
Fotos (151): Max Colin Heydenreich