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280 Männer und Frauen sind beim Kreisschiedsrichterausschuss Fulda im Einsatz

Fulda/Bad Salzschlirf. Foul oder Schwalbe, Gelbe oder Rote Karte, Abseits ja oder nein, und war der Ball wirklich im Tor? Die Männer in Schwarz haben die undankbarste Aufgabe im Sport überhaupt. Nach tadellosen Leistungen erwähnt sie niemand, aber die kleinste strittige Situation lässt sie zu Buhmännern werden. „Wir Schiedsrichter stehen oft im Fokus der Öffentlichkeit und auf dem Sportplatz. Kritik bleibt da nicht aus, weil jeder Akteur oder Zuschauer die verschiedensten Situationen anders beurteilt. Oft ist diese Kritik nicht sachlich und auch nicht konstruktiv“, sagt Michael Wilhelm, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit im Fuldaer Kreisschiedsrichterausschuss (KSA). Schiedsrichter versuchten jedoch, positive und konstruktive Kritik zu nutzen und sich selbst permanent zu verbessern.

Fotos: Max Colin Heydenreich

Trotz des diffizilen Jobs greifen für die Schiedsrichtervereinigung Fulda regelmäßig rund 280 Männer und Frauen zur Pfeife – das weibliche Geschlecht hält sich mit derzeit vier Unparteiischen jedoch noch zurück. Den Löwenanteil mit 80 Aktiven machen die 15- bis 20-Jährigen aus. „Die Motivation ist, dass man als Schiedsrichter unheimliche Möglichkeiten hat, sich selbst weiter zu entwickeln. Man lernt nicht nur, mit Kritik umzugehen, sondern auch Fußballspiele zu lesen und zu verstehen“, so der 23-Jährige, der für die SG Rönshausen als Schiedsrichter im Einsatz ist. Die wichtigsten Komponenten seien das Weiterentwickeln der eigenen Persönlichkeit und der Umgang im zwischenmenschlichen Bereich. In unserer fortschrittlichen, aber auch schnelllebigen Gesellschaft erforderten viele Berufe eine gewisse Teamfähigkeit, eine hohe Belastbarkeit und eine schnelle und zumeist richtige Entscheidungsfindung. All das lerne man als junger Schiedsrichter, so Wilhelm.

Der Kreisschiedsrichterausschuss ist ein Gremium des Hessischen Fußball Verbandes (HFV) und direkt dem Verbandsschiedsrichterausschuss untergeordnet. Dabei setzt sich der KSA unter anderem aus dem Kreisschiedsrichterobmann (Hans-Dieter Köhler) und dem Kreislehrwart (Johannes Frohnapfel) zusammen. Zu den Aufgaben des Kreisschiedsrichterausschusses zählen das Einteilen der Spielleitungen, die Aus- und Fortbildung der Schiedsrichter und die Durchführung von jährlich zehn Lehrveranstaltungen (Lehr- und Regelabende), in denen eine Leistungsprüfung beinhaltet sein muss.

Als wichtige Voraussetzungen, um als Schiedsrichter bestehen zu können und Freude zu haben, nennt Wilhelm die körperliche und die geistige Fitness sowie ein Grundinteresse am Fußballsport. „Es ist immer von Vorteil, wenn ein Schiedsrichter selbst einmal gegen den Ball getreten hat, damit er die Spieler besser verstehen kann“, erklärt Wilhelm. Ein fitter Schiedsrichter könne Entscheidungen viel besser treffen, da er immer näher am Geschehen dran sei. Zur geistigen Fitness zählten Attribute wie Durchsetzungsvermögen, Bereitschaft zum Lernen der Regeln, Motivation und eine schnelle Auffassungsgabe. Jeder Schiedsrichter wird durch den zuständigen Kreisschiedsrichterausschuss in Spielklassen eingeteilt. Dabei sind das Lebensalter, die körperliche Leistungsfähigkeit und die charakterliche Eignung die ausschlaggebenden Faktoren. Außerdem müssen sich die Männer und Frauen einer jährlichen Leistungsprüfung unterziehen. Durch gezielte Förderung und Beobachtung können sich die Unparteiischen für höhere Spielklassen empfehlen. Die heimischen Schiedsrichter haben es enorm weit nach oben geschafft.  So ist Martina Storch-Schäfer aus Marbach, die für FT Fulda pfeift, in der 1. Frauen-Bundesliga im Einsatz und war bereits auf der FIFA-Liste der Damen aufgeführt. Bei den Männern ist sie bis zur Hessenliga im Einsatz. Sabine Stadler, tätig für den SV Gläserzell, leitet Spiele bis zur 2. Frauen-Bundesliga und zur Herren-Verbandsliga. In der Hessenliga pfeifen Markus Finke (FV Horas) und Klaus Montag (SV Dietershan).

Bleibt zum Schluss noch ein beliebtes Dauerthema, das fast jedes Wochenende spätestens nach der „Sportschau“ an diversen Theken und in Vereinsheimen diskutiert wird: Braucht der Fußball elektronische Hilfsmittel? Michael Wilhelm steht solchen digitalen Helfern etwas konservativ gegenüber. „Auch wenn die WM die vielen Fehler der ’besten Schiedsrichter der Welt’ aufgezeigt hat, finde ich immer noch, dass Fehler zum Fußballsport dazu gehören. Meiner Meinung nach würde man das Wesen des Fußballs durch technische Hilfsmittel verändern und andauernd müsste man das Spiel unterbrechen“, nennt der 23-Jährige seine Einwände. Eines gibt er zu bedenken: „Wo fangen wir mit technischen Hilfsmitteln an und wo hören wir damit auf?“

Gegen eine Torkamera spricht sich Wilhelm vehement aus. Lediglich einen Chip im Ball würde er befürworten. Dieses Hilfsmittel dürfe jedoch nur unauffällig zum Einsatz kommen, beispielsweise durch ein Signal auf der Uhr des Schiedsrichters, wenn der Ball tatsächlich im Tor war. Generell plädiert der Schiedsrichter von der SG Rönshausen dafür, das Naturell des Fußballs nicht zu verändern. Dann hätten es die Männer und Frauen mit der Pfeife in der Hand vielleicht mitunter leichter. Aber Kritik, so hat Wilhelm mehrfach eindrucksvoll untermauert, gehört bei dem Job ja irgendwie dazu.

Zur Person:

Beruflich ist Steffen Blum beim Landkreis Fulda beschäftigt. Im Fachdienst Landwirtschaft bearbeitet er neben weiteren Aufgaben vor allem Agrarförderanträge. In seiner Freizeit schnürt der 24-jährige Verwaltungsangestellte aus Bad Salzschlirf seit acht Jahren durchschnittlich zweimal in der Woche die Fußballschuhe, um Spiele im Jugend- und Seniorenbereich bis zur Kreisoberliga zu pfeifen. Steffen Blum gehört dem Kreisschiedsrichterausschuss Lauterbach-Hünfeld an. Dieser ist neben Fulda die zweite Schiedsrichtervereinigung im Landkreis. Falls es die Zeit zulässt, trainiert das Mitglied des Tuspo Bad Salzschlirf mit der ersten und zweiten Mannschaft seines Vereins, um sich fit zu halten.

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