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Besonderheiten der Region werden überregional zu wenig wahrgenommen

Rhön. Wie gestaltet man eine Speisekarte, die beim Gast Lust auf‘s Essen auslöst? Warum wirbt die Rhön nicht stärker mit dem Titel UNESCO-Biosphärenreservat und mit dem, was sich dahinter verbirgt? Und wie bekommt man Gäste dazu, sich abends eine Stunde lang ins Auto zu setzen, um in die Rhön zum Essen zu fahren? Alles das waren Fragen, die während eines Seminars zum Thema „Regionale Küche authentisch vermarkten“ von verschiedenen Praxis-Referenten aufgeworfen wurden.

Veranstaltet wurde das Seminar dieser Tage in Geisa im Rahmen der Bildungsoffensive „Professionalität und Regionalität“, an dem sich die Dachmarke Rhön und das Rhönforum e.V. beteiligen. Die Organisation, Vorbereitung und Durchführung hatte erneut Martina Klüber-Wibelitz vom Büro Antsanvia aus Schleid übernommen. Die Finanzierung wurde aus Mitteln des Regionalbudgets „Thüringer Rhön“ sicher gestellt. Insgesamt 16 Gastronomen und Produzenten aus Bayern, Hessen und Thüringen nahmen daran teil.

Wolfgang Heinzel vom „Regionalbuffet“ aus der Region Westmittelfranken, einer Regionalmarke ähnlich der Dachmarke Rhön, unterstrich in seinem Vortrag, dass es ganz entscheidend ist, innerhalb einer Regionalmarke Kriterien zu schaffen, an die sich jeder streng halten muss und die durch Kontrollen gesichert werden. Einige Betriebe, sagte er aus seiner 15-jährigen Erfahrung, würden aus dieser Gemeinschaft auch wieder abspringen. „Aber diejenigen, die bleiben, stehen hundertprozentig hinter dieser Sache.“

Regionalität und Bio seien derzeit nach wie vor ein absoluter Wachstumsmarkt, meinte Heinzel. Beide Bereiche seien für die Gastronomie ein klares Verkaufsargument; sie würden dem Trend nach Vertrautheit und Sehnsucht nach Heimat gerecht. Allerdings habe Regionalität auch sehr viel mit Vertrauen zwischen Produzenten und Gastronomen zu tun. Qualität und Quantität müssten stimmen, und darüber müsse auch offen gesprochen werden.

Wolfgang Heinzel beleuchtete vor den anwesenden Gastronomen und Produzenten aus der ganzen Rhön die psychologischen Hintergründe, wie ein Gast die Speisekarte erfasst. Dabei ging er auch darauf ein, wie man den Gast von der Fixierung auf den Preis ablenken und ihm im Gegenzug Lust auf das jeweilige Gericht machen kann. Eine Möglichkeit sei es, in der Speisekarte Geschichten zu erzählen – beispielsweise über die Produzenten oder über alte Rezepte von früher. Grafische Ergänzungen, beispielsweise in Form von Bildern oder Rahmen, seien ein zusätzliches Vermarktungsargument vor allem für Speisen im höherpreisigen Bereich.

Hotelbetreiber Isidor Mathis aus Luzern in der Schweiz, der in seiner beruflichen Laufbahn schon mehrere Hotel- und Gastronomiebetriebe durch geeignete Konzepte saniert hat, unterstrich in seinem Referat, dass es wichtig für die Unternehmen ist, in den so genannten neuen Medien präsent zu sein. Außerdem wies er darauf hin, dass die Rhön mehr sei als nur Natur. Die Region sei sehr „geschichtsgeladen“ – kaum eine andere habe so viel in Sachen ehemalige DDR und Grenze aufzuweisen. Hinzu käme die Sprache der Rhöner, die sehr besonders ist. Die Rhön, so seine Empfehlung, müsse sich generell ihren zahlreichen Highlights mehr annehmen – beispielsweise dem Erlebnisbergwerk in Merkers, Point Alpha oder dem Freilandmuseum in Fladungen. Gute Angebote, so sein Fazit, würden überregional gar nicht wahrgenommen. Was die Gastronomie betrifft, so würden sich die Betriebe untereinander oft nur kopieren – obwohl Erfolgskonzepte so individuell und einzigartig sind wie die Vielfältigkeit der Betriebe, Gäste, Standorte und Mitarbeiter auch. Die Rhöner Gastronomie, forderte er die anwesenden Seminarteilnehmer auf, müsse selbstbewusster werden – sie müsse sich so präsentieren, wie sie wirklich ist.

Dazu gehöre es, Produkte immer weiter zu entwickeln und neue Marktsegmente zu definieren. Grundvoraussetzung für den Erfolg sei Kommunikation, unterstrich Mathis. Es gehe beispielsweise um die Frage, was Leute dazu bewegen soll, abends von Bad Salzungen oder Fulda aus in die Rhön zum Essen zu fahren. Hierbei spielten typische Rhöner Produkte wie das Rhönschaf eine entscheidende Rolle. Zu wenig wird dem erfahrenen Gastronomen aus der Schweiz mit dem Titel UNESCO-Biosphärenreservat und den Inhalten, die hinter diesem Titel stecken, geworben. Auch die Verbindung von Geschichte und Naturschutz kommen ihm viel zu kurz. Auf den Speisekarten fänden sich zu wenig die Themen Gesundheit und biologisch erzeugte Produkte wieder.

Für Gastronomen, die den Aufbau einer Speisekarte beherrschen, sei dies ein hervorragendes Marketinginstrument, meinte Brigitte Vorndran, Gastwirtin aus Bischofsheim. Sie sprach sich dafür aus, die regionalen Produkte von Partnerbetrieben der Dachmarke Rhön auf der Speisekarte besonders zu kennzeichnen – beispielsweise durch das Logo der Dachmarke Rhön „Qualität des Biosphärenreservats“. Damit werde dem Gast sofort deutlich, dass es sich dabei um besondere Erzeugnisse handelt.

Die Seminare innerhalb der Bildungsoffensive „Professionalität und Regionalität“ von Rhönforum und Dachmarke Rhön werden mit neuen Angeboten in diesem Jahr weiter geführt. Sie sind offen für Produzenten und Gastronomen aus allen drei Landesteilen der Rhön.

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