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„Multiresistenten Keimen“ mit einheitlichen Standards zu Leibe rücken

Vogelsbergkreis. „Keime, die man nicht bekämpfen kann, sind gefährlich. Aber wir können die Gefahren eindämmen, wenn wir überall gleiche Hygienestandards durchsetzen.“ Diese Auffassung vertrat Kreisbeigeordneter Siegfried Fricke im Gespräch mit dem Vogelsberger Landrat Rudolf Marx. Der Gesundheitsdezernent des Landkreises Gießen stellte im Lauterbacher Kreishaus das Konzept des mittelhessischen „MRE-Netzes“ vor. „Das ist ein guter Weg“, sagte Landrat Marx.

MRE steht für: Multiresistente Erreger, also krankmachende Keime, denen man mit den üblichen Antibiotika nicht (mehr) zu Leibe rücken kann. Also muss man sie im wahren Wortsinn „im Keim“ ersticken, also sie so weitgehend wie möglich an der Verbreitung beispielsweise in Krankenhäusern und Alteneinrichtungen hindern. Dies geschieht am besten durch bessere Hygienestandards und entsprechend bessere Schulung des Personals. Darüber waren sich die Gesprächspartner im Lauterbacher Landratsamt einig. Und: Erfahrungen in mehreren europäischen Ländern, wie zum Beispiel in den Niederlanden (dort wurde mit konsequenten Maßnahmen die Verbreitung um 70 Prozent gesenkt) sprächen für den Nutzen des Konzepts, das in Mittelhessen unter Beteiligung aller Landkreise greifen soll.

Landrat Marx und Kreisbeigeordneter Fricke betonten die Wichtigkeit eines breiten, regional miteinander abgestimmten Vorgehens. Genau dies leiste das im Aufbau befindliche MRE-Netz Mittelhessen, an dem auch der Vogelsbergkreis „selbstverständlich“ teilnehmen werde, sagte Marx. Das Netzwerk wird vom Hessischen Sozialministerium unterstützt. Wissenschaftlicher Kopf des Netzwerks ist der international renommierte Professor Dr. Thomas Eikmann. Er ist Leiter des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Die Notwendigkeit der Eindämmung dieser um sich greifenden MRE-Keime macht allein folgende Zahl deutlich: während im Straßenverkehr in Deutschland jährlich rund 6.000 Menschen sterben, ist die Todesrate durch im Krankenhaus erworbene Infektionen sechsmal so hoch: 37.000.

Warum kann man die Keime nicht – wie gewohnt – bekämpfen? Woher kommt die Resistenz gegenüber Antibiotika? Oft werden Antibiotika genommen, obwohl dies gar nicht nötig wäre. Andererseits werden sie ebenso oft zu früh in der Anwendung wieder abgesetzt oder sie werden – gerade bei vielen älteren Patienten – viel zu lange und viel oft verabreicht. Die Folge: die Bakterien lernen, sich zu behaupten und werden immun gegen die von Menschenhand erfundenen Antibiotika. Wenn dann in einem Krankenhaus oder in einem Altenheim wesentliche Hygienestandards nicht eingehalten werden, dann verbreiten sich die Keime in rasender Geschwindigkeit – mit zum Teil tödlichen Risiken.

Dem MRE-Netz werde es vor allem um einheitliche nachhaltige Standards in der Hygiene und entsprechende Qualifikation der Beschäftigten gehen, hob Dr. Jörg Bremer, stellvertretender Leiter des Gießener Gesundheitsamts, hervor. Auch ein vernünftiger Einsatz von Antibiotika gehöre dazu. Das Ziel sei es, auf freiwilliger Basis alle in Frage kommenden großen Einrichtungen auf diesem guten Weg „mitzunehmen“. Äußerer Ausdruck für die neuen Normen werde die Vergabe eines Qualitätssiegels sein.

Foto: Erich Ruhl, Pressestelle Vogelsbergkreis

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