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Zirkus Charles Knie präsentiert eine rasante Show

Fulda. Schon der Auftakt war furioser als so manches Finale. Tänzer, Musiker, Akrobaten, Feuerschlucker – alle gemeinsam in buntes Licht getaucht im Rund der Manege. Und von da an geht es Schlag auf Schlag. Beim Zirkus Charles Knie, der derzeit auf der Fuldaer Ochsenwiese gastiert, bleibt kaum Zeit zum Atem holen. Ein Programmpunkt jagt den anderen, eine Sensation die nächste. Kein Conférencier, kein Direktor, der das „särr verärrte Publikum“ durchs Programm führt und jedes Mal wieder die Luft aus dem Geschehen nimmt.

Stattdessen eine Stimme aus dem Off mit einigen wenigen Erläuterungen und ansonsten sprechen die Nummern für sich – und wie. Dank hochklassiger Artisten, einer beeindruckenden Lichtshow, die immer neue Stimmungen ins Zirkuszelt zaubert, einer perfekten Regie und nicht zuletzt dem Live-Orchester, das die Show mit Melodien abseits des Zirkus-Einerlei untermalt, vergehen die knapp drei Stunden unter der Planenkuppel wie im Nu. Neben den Leistungen der Künstler ist es vor allem die Liebe zum Detail, die den Zirkus Charles Knie zu etwas ganz Besonderem macht. Ein Showballett an sich ist schon nicht alltäglich. Aber dass die Tänzerinnen auch noch jeden Programmpunkt mit passenden und aufwendig gestalteten Kostümen ankündigen, ist alles andere als normal.

Auf die Seehundnummer wird im Matrosenanzug eingestimmt, die rassigen Pferde werden als Tangogruppe begleitet und vor der Raubkatzennummer wird es afrikanisch. Ja, die Raubkatzennummer. Von jeher einer der Höhepunkte im Zirkus und bei Charles Knie besonders sehenswert. Dompteur Alexander Lacey zeigt seine Tiger und Löwennummer mit einer spielerischen Leichtigkeit, die Grundmotiv des ganzen Zirkusprogramms ist. Niemand bittet um „absolute Ruhe“, damit die „Weltsensation“ gelingt, kein Trommelwirbel kündigt an, dass nun etwas Besonderes passiert. Warum auch – das ganze Programm ist etwas Besonderes und niemand muss das dem Zuschauer erklären.

Im Gegenteil, der ist von Beginn an gefangen von den Leistungen der Artisten und der bunten Welt in der Manege, die wirkt, als hätte ein kundiger Cutter die besten Szenen aus einem Zirkusfestival fürs Fernsehen zusammengeschnitten.
Mit der dichten Dramaturgie, beeindruckenden Bildern von afrikanischen Büffeln, die mit ihren riesigen Hörnern gemeinsam mit schottischen Hochlandrindern in der Manege stehen und dem dauerhaft hoch gehaltenen Tempo bedient die Show die aktuellen Rezeptionsgewohnheiten des TVgewohnten Zuschauers. Einen Artistenzirkus mit irgendeiner Showproduktion fürs Fernsehen zu vergleichen ist zwar nicht ganz fair, aber dennoch ist das der Maßstab, an dem heute auch ein Zirkus gemessen wird. Denn die Maxime „Du sollst nicht langweilen“ gilt hier wie dort. Charles Knie langweilt nicht. Kein bisschen. Selbst der Pausenclown, der meist die undankbare Aufgabe hat, die Umbauzeiten zu überbrücken, ist hier Meister seines Faches und genau das, was er sein soll: richtig witzig.

Ohnehin sind die Künstler und die Form der Darbietung den Tick besser, der sie über den Durchschnitt ihres Fachs erhebt. Der Taschendieb ist besonders fingerfertig und charmant, der Bauchredner hat einen schönen subversiven Humor, der fliegende Brasilianer am Trapez beendet seinen Auftritt mit einer Hommage an das Gastland, die Rollschuhartisten sind sehr rasant und was René Sperlich mit seinen gerade mal 16 Jahren an Handstandakrobatik zeigt, kann sich mehr als sehen lassen. Das Finale schlägt den Auftakt dann doch noch. Alle Artisten bedanken sich unter tosendem Applaus und der Heißluftballon mit dem Clown und dem kleinen Jungen schwebt davon. Ein schönes Bild, das ein letztes Mal unterstreicht, dass hier ein Zirkus am Werk ist, der die besondere Magie des Genres erhalten aber gleichzeitig in die Zukunft retten will.

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