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Verein „Eine Schule für Alle! in Fulda“ fördert inklusive Schulbildung im Landkreis



Fulda.
Haben Sie schon mal was von Inklusion gehört? Inklusion bedeutet die uneingeschränkte Teilhabe behinderter Menschen an allen Bereichen der Gesellschaft. Obwohl es sich bei Inklusion um ein Menschenrecht handelt, ist der Begriff hierzulande noch recht unbekannt. Doch in Fulda gibt es seit Sommer letzten Jahres den Verein „Eine Schule für Alle! in Fulda e.V.“, der sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzt und insbesondere die Vision von einem inklusiven Schulsystem in der Region vorantreibt. Die Mitglieder des Vereins beschäftigen sich beruflich oder privat mit der Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben und wollen zum einen den Gedanken der Inklusion in die Öffentlichkeit tragen, zum anderen die Schulen auf ihrem Weg zu einer „Schule für Alle“ begleiten. Dass ein inklusives Bildungssystem verwirklicht werden kann, davon sind die Vereinsmitglieder überzeugt.

Foto: Max Colin Heydenreich

„Im März 2009 wurde die Behindertenrechtskonvention der UNO von Deutschland anerkannt. Das bedeutet, dass wir uns dem Thema nicht mehr verschließen können, sondern aktiv darauf hinarbeiten müssen, entsprechende Rahmenbedingungen für Inklusion zu schaffen“, verdeutlicht Christian Brandt, Erster Vorsitzender des Vereins. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben die meisten Menschen die Vorstellung, dass das bestehende System einfach im Rahmen der finanziellen und personellen Ressourcen erweitert wird. Doch Inklusion ist keine IntegrationXXL und keine Aufgabe, die man einfach hinzu addieren kann“, erläutert Brandt.

Inklusion erfordere nicht nur eine grundlegende Änderung des Schulsystems, sondern bedeute auch eine veränderte Haltung der Gesellschaft. Dass jeder Mensch unabhängig von Herkunft und Fähigkeiten willkommen ist, diese Botschaft will der Verein in den Köpfen der Menschen verankern und für mehr Offenheit werben. „In der Praxis“, weiß Vorstandsmitglied Anja Zilian, „ist Inklusion eine große Herausforderung. Obwohl man die Leute sehr schnell von dem Bild ’Alle Kinder lernen gemeinsam’ begeistern kann, gibt es Berührungsängste, Unsicherheiten und Sorgen – die durchaus nachvollziehbar sind.“ Ein Hauptargument sei, dass eine Gruppe von Kindern zu kurz kommen würde.

„Das stimmt!“, sagt Brandt. „Wenn wir das Regelschulsystem so belassen, wie es ist. Aber genau das wollen wir ja nicht. Schulen, die inklusiv ausgerichtet arbeiten, haben ein anderes pädagogisches Konzept, eine andere Unterrichtsorganisation und eine andere Schulkultur“, erläutert Brandt. So würden in einer „Schule für Alle“ behinderte und nicht behinderte Kinder beispielsweise nicht unbedingt zielgleich unterrichtet werden. Das Lernziel für behinderte Kinder könne auch heißen: Gruppe und Gemeinsamkeit zu erleben und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Lernerfahrungen zu machen. Voraussetzung sei in jedem Fall eine intensive Zusammenarbeit von Förderpädagogen und Regelschullehrern.

In Hessen gibt es bereits Schulen, die sich auf den Weg zu einer inklusiven Schule begeben haben. Eine von ihnen ist die Römerstadtschule in Frankfurt am Main. Dort, so ist es auf der Website der Grundschule zu lesen, werden behinderte und nicht behinderte Kinder in altersgemischten Klassen gemeinsam unterrichtet und individuell gefördert. Von der Arbeit der Frankfurter Schule ist auch der Fuldaer Verein sehr beeindruckt. „Wir waren überrascht, welche Dinge im bestehenden Schulsystem und im Rahmen der Gesetzgebung heute schon möglich sind“, betont Christian Brandt.

Doch auch im Landkreis und in der Stadt Fulda gibt es Schulen, die dem Thema Inklusion aufgeschlossen gegenüber stehen und mit Unterstützung des Vereins entsprechende Konzepte entwickeln wollen. Eine von ihnen ist die Fuldaer Domschule, an der bereits seit 14 Jahren erfolgreich Integration betrieben wird. „Wir haben positive Erfahrungen mit der Integration gemacht und sind offen für die Inklusion“, erklärt Schulleiter Harald Frühauf. Allerdings sei Inklusion eine komplexe Aufgabe, die große Herausforderungen für alle Beteiligten bedeute und nicht zum Nulltarif zu haben sei.

Wie Inklusion in der Praxis gelingen kann, werden Lehrer der Domschule sowie Elternvertreter und Mitglieder des Vereins „Eine Schule für Alle in Fulda e.V.“ am 13. Mai erfahren. An diesem Tag ist ein Besuch der Römerstadtschule geplant. Danach soll es darum gehen, wie Inklusion ganz konkret in der Domschule umgesetzt werden kann. „Wir haben kein Patentrezept, aber viele Ideen“, sagen Christian Brandt und Anja Zilian. Und beide wissen: „Inklusion ist nicht von jetzt auf gleich umzusetzen. Inklusion muss man sich erarbeiten. Unter Umständen über viele Jahre.“

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