Logo

Botschafter Giro aus der Republik Belarus zu Besuch bei OB Möller

Fulda (mb). Fulda sei eine wunderschöne Stadt. „Wir kommen gerne wieder,“ sagt Botschafter Andrei Giro in geschliffenem Deutsch. Gemeinsam mit Yulia Ilyina, Presse- und Kulturattache an der Berliner Botschaft, besuchte der Vertreter der Republik Belarus (Weißrussland) Oberbürgermeister Gerhard Möller im Stadtschloss und warb für sein Land als Industriestandort. „Wir hoffen darauf, dass deutsche Investoren noch aktiver werden.“ Anlass der Begegnung war ein Vortrag Giros vor Mitgliedern und Gästen der Fuldaer Sektion für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) über „Belarus – Brücke zwischen Ost und West.“ Für die GfW dankte Sektionsleiter Michael Trost Fuldas Verwaltungschef für die Gelegenheit des Gedankenaustauschs.

Wichtiger Handelspartner

Seit anderthalb Jahren ist Giro Weißrusslands Botschafter in Berlin. Sein Ziel, in jedem Bundesland und in möglichst vielen Städten einen Antrittsbesuch machen zu können. Derzeit ist die Republik Belarus in Berlin und Bonn vertreten. In Kürze soll ein Generalkonsulat in München folgen. Deutschland ist für die ehemalige Sowjetrepublik der wichtigste Wirtschaftspartner in Europa. Zu 60 Prozent führt Weißrussland Maschinen und Technologien aus der Bundesrepublik ein. Umgekehrt exportieren belarussische Unternehmen vor allem Chemieprodukte und Agrartechnik wie Traktoren der Marke Belarus oder auch schwere Muldenkipper des Typs Belaz für den Bergbau in den europäischen Wirtschaftsraum. Der Grund: Zu Sowjetzeiten waren große Fabriken aufgebaut worden, Erdölraffinerien ebenso wie Maschinenbaukombinate. Nach dem Zusammenbruch, so erläutert Giro, habe die Republik Belarus neue Absatzmärkte suchen müssen. Dennoch sei Russland nach wie vor der wichtigste Absatzmarkt und Partner als Energielieferant. Eine alternative Bezugsquelle für Gas und Öl sei nur bedingt in Sicht.

Privatisierung

Die Republik bemühe sich nun, das Erbe der Sowjetunion zu modernisieren. Derzeit läuft als „Großprojekt die Privatisierung.“ Noch liegt die Arbeitslosenquote in Weißrussland bei nur 0,7 Prozent, merkt Giro an. Nach der Privatisierung werde sich das sicherlich ändern.
Belarus´ Botschafter betont jedoch, dass die Regierung alles unternehmen werde, um den Transformationsprozess sozial verträglich zu gestalten.

Abnabelungsprozess

Inzwischen laufe der Abnabelungsprozess von Moskau. Hilfreich ist die eigene Sprache der Weißrussen. „Polen, Tschechen verstehen uns besser als die Russen.“ Neben der Sprache trägt vor allem die lange Geschichte zur eigenen Identität des Landes und seiner Menschen bei. So hatte sich im Mittelalter mit dem Großfürstentum Litauen ein mitteleuropäisches Reich aus Weißrussland, Polen und Litauen herausgebildet, indem Altbelarussisch die Amtssprache war. Auf den weißrussischen Buchdrucker, Francysk Skorina, geht die 1517 in Prag gedruckte erste Bibel in slawischer Sprache zurück. Das Großreich zerfiel. 1792 fiel Weißrussland nach der polnischen Teilung schließlich an Russland. Danach folgten 70 Jahre Sowjetherrschaft. 12 Jahre besteht mittlerweile zwischen Russland und Belarus eine Union. „Wir sehen uns als Land im Übergang,“ fügt Weißrusslands Botschafter an und betont, „wir bewegen uns in punkto Demokratie langsam in die richtige Richtung.“

Tschernobyl

Bei seinem Besuch im Stadtschloss streifte Giro auch die Folgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl vor 25 Jahren. Die Verluste durch die Nuklearkatastrophe für sein eigenes Land bezifferte Weißrusslands Botschafter auf 235 Milliarden Euro, das bedeutet mehr als 30 Jahreshaushalte.

Categories:

Alle Nachrichten, Politik & Wirtschaft