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Frühlingswanderung mit dem Natur- und Landschaftsführer Hubert Volkmar vom Biosphärenreservat rund um die Milseburg

Hofbieber. Dass unser Osterfest ältere Wurzeln hat als die christlichen, gilt als – wenn auch wissenschaftlich umstrittene – Allgemeinbildung. Wer gemeinsam mit Hubert Volkmar auf die Milseburg wandert, dem erzählt der Landschaftsführer im Frühjahr am Gänsborn sogar von einer noch älteren Göttin als der bekannten germanischen „Ostara“: nämlich von einer keltischen Göttin, der Brunnen und Quellen der eisenzeitlichen Siedlung auf der Milseburg geweiht waren und der die Bewohner Eier geopfert hätten und deren Symboltier der Hase als Zeichen der Fruchtbarkeit gewesen sei.

Während sich diese These nicht nachweisen lässt, kann der Poppenhausener Hubert Volkmar bei anderen Geschichten rund um den Phonolithberg nicht nur auf über 60 Sagen zurückgreifen, sondern auch „Beweise“ am Wegesrand vorzeigen. Der 76-jährige ehemalige Polizeibeamte ist für die hessische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön als einer von insgesamt 16 Natur- und Landschaftsführern tätig. „Mein Interesse für die Rhön wurde von meinem Heimatkundelehrer geweckt.“ Diesem Hobby sei er treu geblieben und habe es seit seiner Pensionierung ausgebaut. Beispielsweise war er als Mitglied des archäologischen Freundeskreises des Fuldaer Geschichtsvereins 2003/04 bei den Ausgrabungen an der Milseburg beteiligt, als deren Ergebnis anhand verschiedener Funde auch der Wall, mit dem die Kelten ihre stadtähnliche Befestigung geschützt hatten, rekonstruiert werden konnte.

Mit dem rüstigen Rentner unterwegs, gewinnt man den Eindruck, er kenne – nicht nur sprichwörtlich – jeden Stein auf dem Berg. Durch Frostsprengung ist der Phonolith teilweise zu Blockschutthalden zerfallen, doch Volkmar weiß, welcher Brocken erst infolge eines Blitzeinschlags von einem der Felsenstürze vor einigen Jahren abgebrochen ist und welcher schon Bestandteil des 2500 bis 2800 Jahre alten Ringwalles oder seiner Annexwälle gewesen war.

Aus der jüngeren Geschichte lässt er nicht nur Steine sprechen: Er erzählt von der Renovierung des Delzenhofs am Fuße des Berggipfels, der vermutlich im Mittelalter der Versorgung der Bewohner der Liedenburg – einer einfachen Turmburg auf der Milseburg – gedient hatte, bevor die Burg 1270 geschleift wurde. Dabei macht er aufmerksam auf eine Mauer in Trockenbauweise, die sich auch bei einer kleinen Ruine auf dem Grundstück wiederfindet. „Genau diese Bautechnik hatten auch die Kelten verwendet. Das Gebäude wurde im Mittelalter vielleicht als Vorratsraum genutzt und war später die Schnapsbrennerei der letzten Bewohner des Delzenhofs“, erklärt der Wanderführer. Diese habe er selbst noch gekannt. „Die alte Senta“ gebe ein gutes Beispiel für die Entstehung von Sagen ab: Denn nach ihrem Tod 1989 hätten sich plötzlich Gerüchte verbreitet, laut denen die Einsiedlerin Reichtümer auf dem Anwesen versteckt hätte, wegen derer sie überfallen und ermordet worden sei.

Nicht nur etwas über Geschichte und Geschichten, Archäologie und Geologie können Teilnehmer der geführten Wanderungen von Hubert Volkmar lernen, sondern auch auf Naturphänomene und Anliegen des Biosphärenreservats macht er aufmerksam. Nach Erzählungen über ehemalige Bewohner wie Kelten, Raubritter, dem Riesen Mils, dem Heiligen Gangolf, dem (wirklichen) Milsehannes und dem (sagenhaften) Göllhörner zeigt er auf eine Behausung heutiger „Milsebürger“: „Diesen Bau teilen sich Dachs und Fuchs. Die haben so gescharrt, dass der unter dem Phonolith liegende Muschelkalk an dieser Stelle sichtbar wird.“

Ostereier haben wir nicht gefunden während der rund dreistündigen Wanderung, aber so manches „Ei des Kolumbus“ dank der interessanten und mitunter überraschenden Erklärungen des Heimatkundlers. Und – für das Frühlingsgefühl – am Ende eine ganze Lichtung voll prachtvoller Märzenbecher.

Weitere Wanderungen, zu denen Hubert Volkmar dieses Jahr einlädt, finden am 3. Juni von der Wasserkuppe zum Schafstein, am 1. Juli zu Steinkopf und Stirnberg, am 2. September zur Blockschutthalde im Naturschutzgebiet Stellberg und am 23. September wieder an der Milseburg statt, dann zum Thema „Mythos, Weisheiten, Religion und Brauchtum der Kelten“. Infos unter www.brrhoen.de oder direkt bei Hubert Volkmar (Tel. 06658/714).

 

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