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Fuldaer Delegation erlebte eindrucksvolle Tage in Sergiew Posad

Schönes aus Fulda /Sergiew Posad. Die Wettervorhersage für die russische Föderation ist wenig erfreulich. Niedrige Temperaturen und Regen sind für die Hauptstadt und das Besuchsziel, Fuldas Partnerstadt Sergiew Posad, angesagt. Drei Stunden und mehr als 2.000 Flugkilometern später wird die Fuldaer Delegation um Oberbürgermeister Möller, Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann, Koordinator Karl Hrasky, IHK Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck und die mitreisenden Fraktionsvertreter von der rauen russischen Wirklichkeit eingeholt.

Fotos (6): Michael Schwab

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Moskau präsentiert sich feucht, kalt und als grauer Molloch. Wärme und Licht spendet lediglich die viel gerühmte Metro. Deren U-Bahn Haltestellen wirken monumental und bieten eine fast schon sakral anmutende Architektur. „Väterchen Lenin“ grüßt als Mosaik von der Decke wie aus längst vergangenen Tagen. Die Geschäftigkeit der Ameisenvölker, die in die überfüllten  Metro-Züge strömen, lässt gottlob am Ausgang zum großartigen Wiederaufbau der Moskauer Christi-Erlöser Kathedrale ein wenig nach.

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Viele – auch viele Uniformierte, die sich fromm bekreuzigen – zieht es  in das 1931 von Stalin gesprengte und vor wenigen Jahren prachtvoll wieder aufgebaute Gotteshaus im Herzen der zehn Millionen Stadt. Orthodoxe Gläubigkeit hat in einer profanen, lebenshungrigen Welt wieder ihren sicht- und spürbaren Ausdruck gefunden. Nicht nur in Moskau, sondern auch in Sergiew Posad, wo Patriarch Alexej II bei seinem Besuch die Massen anzieht. Die Gäste aus Fulda, erst recht OB Möller, sind tief bewegt von der fühlbaren Frömmigkeit.

Stadt der Kontraste

Blende: Fotografen umlagern ein Hochzeitspaar auf dem Weg  zum Roten Platz, der im Laufe der Zeit  durch Wortumdeutung vom „schönen“ zum „roten“ Platz geworden ist. Die bunten Zwiebeltürme der unter Iwan dem Strengen erbauten Basiliuskathedrale stehen imposant im Kontrast zur Kremlmauer, dem roten Backsteinbau des historischen Museums mit seinen beiden ebenfalls rot kostümierten martialischen Strelitzen-Soldaten, die sich am Seiteneingang postiert haben und der beeindruckenden Gründerzeitfassade des Kaufhauses Gum.

Im Gum verblasst der Eindruck einer Gesellschaft, die sich neu zu orientieren versucht. Angesichts der blendenden Fassade scheint es so, als sei sie auf dem Niveau von Paris, London oder Berlin angekommen zu sein. Doch die Kontraste dieser Stadt im Auf- und Umbruch sind immens. Hier west-östlicher Glamour und Glitzer, dort die Armut und der morbide Charme des Verfalls. Lebende Stalin und Lenin-Kopien werden zu Statisten für Touristen Fotos. Und Russlands Präsident Putin – zumindest sein Double – schüttelt dem Fuldaer OB im Vorbeigehen schnell mal die Hand. Vom Hotel Metropol aus bricht die Delegation auf in den aufreibenden Moskauer Feierabendverkehr Richtung Sergiew Posad.   
225 Jahre Stadtrechte

Feuchtkalte Abendluft und Regen empfängt die Delegation in der Stadt des berühmten Dreifaltigkeitsklosters. Die sprichwörtliche russische Gastfreundschaft und Wärme macht den ersten Eindruck schnell wieder wett. Überhaupt werden die Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit der russischen Gastgeber für die Gäste aus Fulda  zu bleibenden Eindrücken. Ebenso wie die sympathische Art der beiden Dolmetscherinnen Olga und Elena, die den Fuldaern gemeinsam mit Karl Hrasky den Zugang zur russischen Seele öffnen.

Das Programm von Freitag bis Montag ist dicht gedrängt. Landrat Anatolij Upyrjew eröffnet den Reigen der Begegnungen mit einem Lob und Dank an die Fuldaer. Zu Fulda bestünden die „tiefsten und kräftigsten Beziehungen“. Die Unterstützung, die die Osthessen den ärmsten Einwohnern in der Phase der Perestroika gegeben hätten, könne nicht hoch genug geschätzt werden. Upyrjews Dank galt vor allem dem Kontakt- und Förderkreis sowie dem deutsch-russischen Freundeskreis und seinen Mitgliedern wie auch den Rotariern.

Deutsche, Franzosen und Abchasen, die Vertreter befreundeter Städte,  treffen sich anschließend zum Empfang beim neuen Oberbürgermeister von Sergiew Posad, Sergej Persianov. Anlaß ist die 225 Jahr-Feier der Verleihung der Stadtrechte durch Zarin Katharina II 1782. Die Geschichte der Klosterstadt 80 Kilometer nördlich von Moskau reicht selbstverständlich viel weiter zurück, erinnert Persianov. Das Kloster geht auf eine Gründung des Heiligen Sergeij von Radonesh, Sohn eines wohlhabenden Bojaren, im 14. Jahrhundert zurück. Ab 1357 stand Sergeij den Mönchen des Dreifaltigkeitsklosters als Abt vor. Sein Kloster wird zum Vorbild für die Entwicklung des russisch-orthodoxen Mönchtums.

Klöster und Heilige verbinden

Klöster seien das verbindenden Element beider Städte, hebt Fuldas OB hervor. Ebenso wie die Verehrung der Heiligen Sergeij und Bonifatius. Möller, der das erste Mal in Russland  und zu Besuch in der Partnerstadt ist, gratulierte seinem Amtskollegen zum Stadtjubiläum und dankte für den herzlichen Empfang. Wie zuvor auch schon bei Landrat Upyrjew würdigte Fuldas Verwaltungschef die engen Beziehungen zwischen den beiden Kommunen, den Vereinen, vor allem aber den Menschen. Die Kontakte auf allen Ebenen seien gefestigt.

Möller hofft, dass sie „unabhängig von den Zuständigkeiten weiter gepflegt und intensiviert werden können.“ Für Karl Hrasky ist die Begegnung mit Persianov im bisherigen Verwaltungsbau der Stadt ein besonderer Moment. Da die Stadt noch kein Ehrenzeichen habe, überreicht Sergiew Posads OB einen Ehrenbrief an den Fuldaer in Anerkennung seiner Verdienste um die gute Zusammenarbeit. Für Hrasky sind neben wirtschaftlichen Kontakten insbesondere die menschlichen die „tragende Säule der Partnerschaft“.

Die Stadt selbst steht vor einem großen Umbruchprozeß, berichtet OB Persianov seinem Fuldaer Kollegen. Innerhalb von nur drei Jahren sollen die russischen Verwaltungen nach europäischem Vorbild reformiert werden. Bislang leitete die Kreisverwaltung die Geschicke in der 120.000 Einwohner Stadt. Persianov schmunzelt:“Am 1. Januar war ich der einzige Mitarbeiter der neuen Stadtverwaltung, der eingestellt worden ist.“ Inzwischen sind es 130, die einen Etat von 94 Millionen Rubel betreuen. Ab nächsten Jahr stehen dem OB von Sergiew Posad im ersten eigenen Wirtschaftsplan 300 Millionen Rubel zur Verfügung, um die Inhalte des neuen Masterplans für die Stadt beispielsweise im Bereich der Infrastrukturentwicklung und der Stadtmodernisierung umzusetzen.

Ein wichtiger Akzent ist bereits gesetzt. Die Fuldaer Delegation um OB Möller war die erste, die einen Blick ins neue Rathaus der Stadt mit einem reizvollen Blick auf das Dreifaltigkeitskloster werfen konnte. Möllers Kommentar:“Das ist genauso herrlich wie bei uns, wo ich den Domplatz überlicken kann.“ Mit einer Baumpflanzaktion vor dem Rathaus  bekräftigten die russischen Gastgeber und ihre Partner aus Fulda symbolisch die Freundschaft zwischen den Städten, die neue Wachstumschancen hat.

Patriarch Alexej II

Höhepunkt des Austauschs in Sergiew Posad war die Begegnung mit  Patriarch Alexej  II, dem Fuldas OB durch seinen Amtskollegen Persianov kurz vorgestellt wurde. Gemeinsam mit dem Patriarchen, Priestern und Mönchen des Klosters zogen die Fuldaer in die Grabeskirche des heiligen Sergieij im Klosterbezirk ein und erlebten, wie Alexej den Segen spendete.

Vor dem Rückflug nach Fulda besuchten die deutschen Gäste noch ein modernes Wasserkraftwerk vor den Toren der Stadt, das Stadtmuseum sowie die Hochschule von Sergiew Posad, deren Direktor Sergej Klenikov intensive Kontakte zur Hochschule Fulda unterhält. (Michael Schwab)

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