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Ein Schmuckstück im Ortskern von Poppenhausen – Alte Schule schreibt bewegte Geschichte mit Sozialprojekt fort

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Poppenhausen. Ihr Alter sieht man der ehrwürdigen Dame wirklich nicht an: Stolze 192 Lenze zählt sie, die alte Schule in Poppenhausen. Dabei war das unter Denkmalschutz stehende Schmuckstück noch vor vier Jahren ein richtiges „Sorgenkind“.

Foto: Max Colin Heydenreich

„Das Haus war energetisch sehr problematisch, nicht leicht zu vermieten, und die Gemeinde hatte nicht das Geld, das Gebäude zu sanieren“, erinnert sich Bürgermeister Manfred Helfrich. Dass sich die alte Schule mit der Hausnummer 1A heute in einem Top-Zustand befindet, ist wohl den Querdenkern und Visionären aus der Gemeinde und dem Antoniusheim in Fulda zu verdanken, die 2009 gemeinsam das innovative Integrationsprojekt „Arbeiten und Leben im Poppenhausen“ auf den Weg gebracht haben.

Mit finanzieller Unterstützung von Land Hessen, Landkreis Fulda, der Sparkassen-Stiftung, zahlreichen Förderern und jeder Menge Eigenleistungen haben die Projektpartner die mehr als 700.000 Euro teure Sanierung der alten Schule gestemmt. „Das Gebäude wurde komplett entkernt und dann Stück für Stück wieder aufgebaut“, erzählt der Bürgermeister. „Nachträglich eingebaut wurde ein Aufzug, ansonsten ist der Charakter des Hauses komplett erhalten geblieben. Selbst Tonziegel und Schindeln entsprechen den historischen Vorbildern.“

Heute befinden sich in dem Haus, für das dem Antoniusheim ein 50-jähriges Erbbaurecht übertragen wurde, sieben Appartements. In den 25 bis 35 Quadratmeter großen Wohnungen leben Menschen mit Handicap. Sie alle arbeiten auch in der Gemeinde Poppenhausen.

Errichtet wurde der verschindelte Fachwerkbau, der sich im Ortskern der Rhöngemeinde befindet, im Jahr 1821. Ursprünglich handelte es sich um einen zweigeschossigen Bau, der im Jahr 1880 aufgestockt wurde, weil – wie damals üblich – Lehrer in der Schule wohnen sollten.

Erinnerungen an die Schulzeit in dem historischen Gebäude sind noch bei vielen Alteingesessenen lebendig. So wie bei Eugen Detig, der von 1941 bis 1949 die Volksschule in Poppenhausen besuchte. „Es gab vier Schulräume und acht Klassen, die von fünf Lehrern klassen-übergreifend unterrichtet wurden“, erzählt der 78-Jährige. 30 bis 40 Kinder saßen zusammen in einem Raum und wurden in Deutsch, Rechnen, Natur-, Heimat- und Erdkunde, Religion, Handarbeit sowie Raumlehre unterrichtet. Mit den Lehrern sei nicht zu spaßen gewesen, denn der Rohrstock gehörte damals zur „pädagogischen Grundausstattung“, und auf dem Schulhof war Geschlechtertrennung angesagt. Warm ums Herz wird’s Eugen Detig, wenn er an die Schulspeisung denkt. Es gab in der alten Schule nämlich auch eine Küche und eine „begnadete“ Köchin, die sich ganz besonders auf die Zubereitung von Süßspeisen verstand.

Im Jahr 1954 wurde dann die neu erbaute Grundschule in Poppenhausen in Betrieb genommen. Mit dem Umzug der Schüler- und Lehrerschaft in ihr neues Domizil erfuhr die alte Schule eine wechselnde Nutzung. So beherbergte sie knapp 40 Jahre die Gemeindeverwaltung und deren Archiv sowie bis zu den Anfängen der 1980er Jahre auch die evangelische Kirchengemeinde. Später waren in dem Gebäude eine Fahrschule und verschiedene Bürogemeinschaften beheimatet. Die Lehrerwohnungen wurden an Privatpersonen vermietet.

Dass die Geschichte der alten Schule nun mit einem beispielhaften Sozialprojekt fortgeschrieben werden kann, freut die Gemeinde, deren Einwohner und die Bewohner des Hauses gleichermaßen. (Dorit Heydenreich)

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