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Landkreis Fulda stellt über eine halbe Million Euro für Sprachkurse und Sozialbetreuung von Migranten in den Haushalt ein

Asylchaos, Menschen im „Hängestatus“, Frustration, sozialer Unfrieden, Fremdenfeindlichkeit  – es braucht nicht viele Schlagworte, um den Teufelskreis der Einwanderungsproblematik zu skizzieren. Ansatzpunkte, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, gibt es einige.

Dass es sich lohnt, gelegentlich mit Schwung über bürokratische Hürden zu springen, davon ist Landrat Bernd Woide überzeugt. Über eine halbe Million Euro hat der Landkreis Fulda kurzfristig für die Sozialbetreuung von Flüchtlingen, für Sprachkurse sowie für ehrenamtliches Engagement in den Haushalt eingestellt.

„Wir können nicht auf den Bund warten. Wir machen das jetzt!“, unterstreicht Woide, der akuten Handlungsbedarf sieht. Denn der Zustrom der Flüchtlinge reist nicht ab. Aktuell müssen Stadt und Landkreis Fulda etwa 100 Flüchtlinge pro Monat aufnehmen, unterbringen und für deren Lebensunterhalt aufkommen. Knapp 1.100 Menschen beziehen nach Angaben von Thomas Orf, Leiter des Sachgebiets Zuwanderung, derzeit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

„Natürlich ist das Thema sehr komplex“, sagt Woide. „Wir brauchen in Deutschland deshalb endlich ein Einwanderungsgesetz. Gesamtgesellschaftlich und staatlich müssen wir viel schneller werden, denn es macht keinen Sinn, die Menschen, die eine Bleiberechtsperspektive haben, monatelang hängen zu lassen.“

Wie es sich in einer Warteschleife anfühlt – entwurzelt, ohne Sprachkenntnisse und berufliche Perspektive – kann Ahmad Faik Zalkha berichten. Der 34-jährige Syrer ist im August 2013 mit Frau und Kind nach Deutschland geflüchtet. In seiner Heimat hat er als Zahnarzt gearbeitet. „Ich war dort den ganzen Tag voll beschäftigt, und hier habe ich nur rumgesessen. Das war ein sehr schlechtes Gefühl“, erzählt Zalkha.

Erst nach neun Monaten konnte der Familienvater mit einem Sprachkurs beginnen. Inzwischen spricht der 34-Jährige so gut Deutsch, dass er schon für die Ausländerbehörde gedolmetscht hat. Zalkhas Ziel ist es, die Sprache so gut zu beherrschen, dass er in absehbarer Zeit den Antrag auf Approbation stellen und seinen Beruf wieder ausüben kann.

„Herr Zalkha ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass wir die bildungswilligen Menschen nicht monatelang sitzen lassen können“, unterstreicht Erster Kreisbeigeordneter Dr. Heiko Wingenfeld. Geld für die Sozialbetreuung und Sprachkurse bereit zu stellen, sei eine freiwillige Leistung des Landkreises und eine den Menschen zugewandte Entscheidung.

Ohne Zweifel bildungswillig und hoch motiviert sind die 18 Teilnehmer des Deutsch-Sprachkurses für Zuwanderer, der im Januar an der Volkshochschule des Landkreises begonnen hat. Die Männer und Frauen kommen aus Syrien, Eritrea, Äthiopien und dem Irak. An drei Tagen in der Woche lernen sie bis Mitte Juli die Grundlagen der deutschen Sprache und bekommen im Rahmen einer praktischen Phase Einblicke in die Arbeitswelt, aber auch in die Kultur der Stadt Fulda.

„Es gibt Führungen durch kommunale Einrichtungen und Betriebe sowie Stadtführungen und ein Mobilitätstraining“, erläutert Studienleiterin Heidemarie Franzmann. Ziel sei es, die Menschen mit den Rahmenbedingungen vor Ort vertraut zu machen und berufliche Möglichkeiten aufzuzeigen.

„Die Menschen bringen Potenzial mit und bleiben mit hoher Wahrscheinlichkeit bei uns, deshalb ist das freiwillige Engagement des Landkreises nicht nur eine Frage der Solidarität, sondern auch im Interesse der Region“, unterstreichen Woide und Wingenfeld.

Der Startschuss für den zweiten Sprachkurs ist am Faschingsdienstag gefallen und auch in den Flüchtlings-unterkünften wird immer mehr Deutsch gesprochen. Denn unterrichten kann man nicht nur in der vhs, sondern auch dort, wo die Menschen leben.

Zum Bild: Für eine kurze Lernpause sorgten Landrat Bernd Woide (Mitte re.) und Dr. Heiko Wingenfeld (Mitte li.). Über die Inhalte des Kurses informierten Studienleiterin Heidemarie Franzmann (li.), Dozentin Anita Krickow (re.) und vhs-Leiter Michael Friedrich.

Text und Foto: Dorit Heydenreich

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