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Spurensuche im Antoniusheim Fulda

St. Antoniusheim gGmbH

Fulda. Am Montagabend begaben sich mehr als 60 Besucher auf «Spurensuche» in eines der dunkelsten Kapitel deutscher Gesichte. Durch den Abend referierten Björn Bierent und Steffi Gröger, die sich in den vergangen Jahren intensiv mit dem Widerstand des Antoniusheims gegenüber dem Naziregime beschäftigt haben. Während die Nationalsozialisten in Deutschland regierten, gab es keinen Platz für Menschen mit Behinderung. Bis zum Jahr 1941 wurden sie staatlich verfolgt und ermordet. Auch in den Jahren nach der organisierten Vernichtung gab es immer wieder «wilde Euthanasie» gegenüber Menschen mit Behinderung. «Die NS-Zeit war die schwierigste Zeit für das Haus und ich freue mich, dass dieses Thema auf so großes Interesse stößt», sagte Geschäftsführer Rainer Sippel zu Beginn der Veranstaltung. Initiator Thomas Bach (CDU) fügte hinzu, dass der Widerstand in der NS-Zeit dazu beigetragen habe, dass die Würde des Menschen unantastbar geblieben sei.

Aktiver Widerstand

Bei Referent Björn Bierent entwickelte sich das Interesse an diesem Thema während seines Zivildienstes auf einer Wohngemeinschaft vor ca. 13 Jahren. «Mir wurde damals erzählt, dass sich Schwester Hedda in der Zeit des Krieges mit den damaligen Bewohnern versteckt hatte, um sie zu retten. Das machte mich neugierig», sagte der 32-jährige. Das anschließende Studium habe er genutzt, um sich dem Thema wissenschaftlich zu nähern.  «Ich merkte sehr schnell, dass hier im Antoniusheim aktiv Widerstand geleistet wurde. Vor allem gab es zwei wichtige Ereignisse, an denen sich maßgeblicher Widerstand festmachen  lässt», erzählte Bierent. Dies seien die Zwangsverlegungen im Zuge der Gleichschaltung von 1937 und den geplanten Verlegungen in 1941 gewesen. «Während der Gleichschaltung wurden 91 Bewohner abgeschoben. Schwester Adolfine Fabra, die damalige Oberin der Vinzentinerinnen im Antoniusheim, konnte durch ihr persönliches Engagement 43 der damals verlegten Bewohner zurückholen und somit vor dem sicheren Tod retten.»

Schwierige Zeiten

St. Antoniusheim gGmbH1941 gab es die Anfrage des damaligen Oberpräsidenten Traupel im Antoniusheim evakuierte Kinder unterzubringen. Die Befürchtung der Heimleitung war, dass der Oberpräsident sich dadurch einen direkten Einfluss auf das Heim verschaffen und somit die „Euthanasie“ weiter vorantreiben könnte. Unter großen Mühen erreichte die Heimleitung, dass das Antoniusheim gänzlich als Lazarett genutzt werden konnte und somit dem direkten staatlichen Einfluss auswich. Dennoch musste innerhalb kurzer Zeit neue Aufenthaltsorte für die Bewohner gefunden werden. Durch die Zusammenarbeit von verschiedenen Schwesternhäusern, dem Vorstand des Caritasverbandes und dem Bischof konnten alle 130 von der Verlegung betroffenen Bewohner vor der geplanten Ermordung gerettet werden.

Bierent ist es wichtig, dass an die Geschichte immer wieder erinnert wird. «Ich hatte immer ein Zitat von Pfarrer Dr. Stör im Kopf: „… wer sagt, wir sind eine neue Generation, wir haben aus der Geschichte gelernt (und brauchen nicht mehr zu erinnern) – der tötet die Toten noch einmal.“ Daher dürfen diese grauenhaften Verbrechen nicht in Vergessenheit geraten.»

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