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Qualitätszeichen Rhön – Fokus liegt auf regionalem Wareneinsatz

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Rhön. Sie nehmen nicht nur die Speisekarte unter die Lupe oder wollen Lieferscheine einsehen; sie bewerten nicht nur das Ambiente des Gastraums oder das Erscheinungsbild der Bedienung. „Wenn wir Gastronomiebetriebe der Dachmarke Rhön für das Qualitätszeichen Rhön zertifizieren oder mit Silberdisteln einstufen, dann ist damit immer der persönliche Kontakt zum Gastwirt verbunden. Wir wollen seine Probleme kennenlernen und Anregungen mitnehmen, was wir in unserer Arbeit noch besser machen können“, sagt Hannelore Rundell, stellvertretende Geschäftsführerin der Dachmarke Rhön GmbH.

Die erste Gaststätte wurde im Dezember 2005 in der bayerischen Rhön für das Qualitätszeichen Rhön zertifiziert. 2006 begannen dann die Zusatzzertifizierungen für die ein bis drei Silberdisteln, die ein Gastronomiebetrieb der Dachmarke Rhön zusätzlich zum Qualitätszeichen Rhön erhalten kann, wenn er mehr als 30, 40 oder 60 Prozent regionalen Wareneinsatz in seinem Restaurant nachweist. Inzwischen tragen 102 Hotels und Gaststätten aus der bayerischen, hessischen und Thüringer Rhön das Qualitätszeichen Rhön. Fünf von ihnen werben zusätzlich mit einer, 21 mit zwei und 33 mit drei Silberdisteln. Derartige Zertifizierungen haben inzwischen in allen drei Landesteilen der Rhön stattgefunden.

Neben der Geschäftsführerin der Dachmarke Rhön GmbH, Barbara Vay, und ihrer Stellvertreterin Hannelore Rundell gehören der bayerischen Zertifizierungskommission der Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Regierungsdirektor Michael Geier, als neutrale Person und als ausgewiesene Fachkräfte mit langjähriger praktischer Erfahrung die beiden Bad Kissinger Küchenmeister Klaus Kurz und Josef Schmitt an. In Thüringen werden die Zertifizierungen neben Barbara Vay und Hannelore Rundell von Jürgen Holzhausen, Mitarbeiter der Thüringer Verwaltungsstelle des Biosphären- reservats Rhön, und Rita Übelacker, Ökonompädagogin des Gaststätten- und Hotelwesens und Hauswirtschaftsmeisterin, wahrgenommen. In Hessen werden Vay und Rundell vom Leiter der Hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Otto Evers, sowie von den Küchenmeistern Stefan Keßler und Erhard Gundl unterstützt.

Bei den Zertifizierungen – sowohl für das Qualitätszeichen Rhön als auch für die Silberdisteln – gehe es nur um den reinen Restaurantbetrieb. „Wir kümmern uns nicht um den Bereich der Beherbergung, worunter der Zustand der Zimmer oder das Frühstück fallen, weil wir dafür noch keine Bewertungskriterien besitzen. Auch die Küche selbst beurteilen wir nicht. Das ist zum einen Angelegenheit der Hygiene, und zum anderen dürfen wir mit unseren Straßenschuhen dort sowieso nicht hinein“, erläutert Geier. Vielmehr liege der Fokus ganz klar auf dem regionalen Wareneinsatz, wobei Getränke und Hauptspeisen mit je 50 Prozent ins Gewicht fallen.

Netzwerke, in denen jeder jeden kennt

Vor allem bei der Einstufung mit Silberdisteln ist die Speisekarte die Basis der Überprüfung. Ob die Angaben darin auch stimmen – also ob das Steak oder die Kartoffeln wirklich aus der Region kommen – muss der Gastwirt anhand von Lieferscheinen und Rechnungen beweisen. Eine Trickserei sei so gut wie ausgeschlossen, meint Geier. Hannelore Rundell gibt ihm Recht: „Die Region ist zwar groß genug, um eine Vielzahl von Produkten anzubieten, aber eben auch so klein, dass in diesen Netzwerken jeder jeden kennt. Ein Betrug würde irgendwann auffliegen, weil die Lieferbeziehungen zwischen regionalen Produzenten und Gastwirten natürlich ein Gesprächsthema untereinander sind.“

Um zu ermitteln, wie hoch der regionale Wareneinsatz ist, wird die Gesamtanzahl der Speisen und Getränke zu dem ins Verhältnis gesetzt, was wirklich aus regionalen Zutaten produziert wird. Kommen dabei mindestens 30 Prozent heraus, gibt es eine; bei mindestens 40 Prozent zwei Silberdisteln. Drei Silberdisteln gibt es ab einem regionalen Wareneinsatz von mindestens 60 Prozent. Darüber hinaus müssen weitere Punkte erfüllt sein, um in den Besitz der Silberdisteln zu gelangen. Dazu zählt beispielsweise die Kleidung des Servicepersonals, die dem Gesamtambiente entsprechen muss. Außerdem wird überprüft, ob es in der Gaststätte beziehungsweise im Hotel Informationen über die Region, die Lebensmittel, über Ausflugsmöglichkeiten und sonstige touristische Angebote gibt. Die Mitglieder der Zertifizierungskommission nehmen die Einrichtung kritisch unter die Lupe. „Sie muss zur Lokalität passen“, sagt Michael Geier. Ein anderes Kriterium geht der Frage nach, ob der Gast im zu zertifizierenden Betrieb regionale Waren kaufen kann oder ob deren Verkauf vermittelt wird. Und auch die Tatsache, ob regelmäßig kulturelle Veranstaltungen mit regionalem Inhalt stattfinden oder ob sich das Unternehmen an solchen beteiligt, fließt in die Bewertung ein. Für eine Silberdistel muss zusätzlich zur Höhe des regionalen Wareneinsatzes einer dieser Zusatzpunkte erfüllt sein; für zwei Silberdisteln sind drei Zusatzpunkte Bedingung. Drei Silberdisteln gibt es nur, wenn fünf solcher Punkte eingehalten werden. Dass die Speisekarte über die Herkunft der regionalen Produkte informiert und den Landwirt mit Namen und Adresse nennt, gilt ohnehin als selbstverständlich.

Silberdisteln kommen auch anderen Branchen zugute

„Die Silberdisteln legen ihren Schwerpunkt zwar hauptsächlich auf den Wareneinsatz. Gleichzeitig garantieren sie aber, dass sich das Unternehmen auch zu anderen regionalen Wirtschaftskreisläufen außerhalb der Gastronomie bekennt – beispielsweise dadurch, dass es Aufträge für Einrichtungsgegenstände oder für Sanierungsarbeiten an der Fassade an einheimische Handwerker vergibt. Die Silberdisteln fördern also nicht nur eine Branche, sondern kommen auch anderen zugute. Genau das ist das Anliegen der Dachmarke Rhön, nämlich eine regionale Wirtschaftsförderung auf breiter Ebene“, sagt die Geschäftsführerin der Dachmarke Rhön GmbH, Barbara Vay.

Weder das Qualitätszeichen Rhön noch die Silberdisteln geben Auskunft darüber, wie das Essen im jeweiligen Gastronomiebetrieb schmeckt. „Auf dem Markt gibt es genügend Vereinigungen, die sich dem Geschmack widmen. Ein Urteil darüber steht uns nicht zu“, meint Michael Geier. Allerdings werfen die Küchenmeister schon ein prüfendes Auge auf die Speisen. „Alleine am Aussehen des Essens kann man erkennen, ob Fertigprodukte oder frische Waren verwendet werden. Auch den Soßen sieht man an, ob sie aus der Tüte kommen oder nicht. Und Geschmacksverstärker kann man riechen“, meint Klaus Kurz, Küchenmeister aus Bad Kissingen.

Die Kontrolle sei bei der Zertifizierung eine wichtige Komponente, wenngleich nicht die ausschließliche, betont Geier. „Für uns ist das auch ein Beratungsgespräch.“ Gemeint ist damit, dass die Mitglieder der Kommission durchaus Tipps zur Speisekarte geben, wenn es beispielsweise um die zahlenmäßige Optimierung des Speisen- oder Getränkeangebots geht. „Wenn jemand 80 verschiedene Spirituosen auf der Karte stehen hat, dann ist das einfach viel zu viel“, nennt Geier ein Beispiel.

Mit der Zertifizierung der Dachmarken-Partnerbetriebe haben die Kommissionen in den drei Landesteilen der Rhön alle Hände voll zu tun. Hinzu kommt die Nachzertifizierung, also die Kontrolle nach einer gewissen Zeit, ob die Kriterien, die an Qualitätszeichen und Silberdisteln geknüpft sind, überhaupt noch dazu berechtigen, beide Auszeichnungen an der Haustür zu tragen. Diese Nachzertifizierung erfolgt übrigens ohne vorherige Ankündigung.

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