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Leseratten lindern soziale Not in Rumänien

Eichenzell. Fachbücher, Sachbücher, Romane, Kinderliteratur und Zeitschriften – einmal im Monat öffnet der Altbücherbasar in Eichenzell seine Tore. Dicht gedrängt umlagern dann Leseratten, aber auch Sammler die Tische des Malteserhilfsdienstes, auf denen Bücher und Zeitschriften unterschiedlichster Stilrichtungen zu finden sind. Und das zum Schnäppchenpreis: schon ab 50 Cent sind die preiswertesten Exemplare zu haben. Nach oben hin gibt es zwar kein Limit, aber selbst ganze Lexikonreihen kosten nur wenige Euro.

Im Kindergarten der katholischen Pfarrgemeinde St. Peter und Paul sind zumeist fünf Malteser für den Altbücherbasar verantwortlich. Die kennen ihre Bücher, haben zuvor die Preise festgelegt und füllen bei Bedarf immer wieder die Auslagen auf den Tischen nach. Wer mag, kann beim Stöbern auch eine Tasse Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. Alles für einen guten Zweck: Denn sämtliche Einnahmen aus dem Altbücherbasar gehen zweckgebunden auf das Konto der Rumänienhilfe der Malteser im Eichenzeller Ortsteil Kerzell. So kann jeder Bücherkäufer sicher sein, durch seinen Einkauf ausgesuchte Hilfsprojekte in Rumänien zu unterstützen. Denn um die kümmern sich die Kerzeller Malteser seit Jahren. So unterstützen sie ein Kinderheim mit 73 Kindern in Tirgu Secuiesc, Armenküchen der Malteser in Sfintu Gheorghe und ein Familienprojekt, das vom Landkreis Covasna und der Stadt Sf. Gheorghe getragen wird. Ganz gezielt fließen Spendengelder, darunter natürlich die Einnahmen aus dem Altbücherbasar, in Behindertenhilfe, Seniorenarbeit und Kinderbetreuung in Rumänien.

Die Not dort ist für unsere Verhältnisse unermesslich groß. Grund genug für die Malteser, einmal jährlich einen eigenen Hilfstransport zu organisieren, mit dem das Nötigste zu den Ärmsten der Armen in Rumänien transportiert wird. Alles übrigens genauestens überprüft – denn sämtliche Hilfsgüter müssen nebst Ladeliste und Schenkungsurkunde den rumänischen Finanzbehörden vorgelegt werden.

Davon ahnt der Bücherkäufer in Eichenzell auf den ersten Blick nichts. Doch die Malteser pflegen einen persönlichen Kontakt zu den kleinen und großen Bücherwürmern. Viele von ihnen sind Stammkunden und lassen sich auch während des Bücherverkaufs immer wieder gerne über die neusten Entwicklungen in dem Land aus der Übergangszone  zwischen Mittel-, Süd- und Osteuropa informieren.

Die Wurzeln des Eichenzeller Altbücherbasars liegen übrigens schon einige Jahrzehnte zurück: Seinerzeit amtierte Pfarrer Friedrich Dietz neben anderen Aufgaben auch als Leiter der kirchlichen Büchereiarbeit für das Bistum Fulda. Um in kirchlichen Büchereien Platz für Neuerwerbungen zu schaffen, verknüpfte Dietz Zuschüsse für Neuerwerbungen mit dem Aussortieren „alter Schätze“, die ungelesen in den Regalen standen. Die wiederum verkaufte Dietz in seinem Wohnort Künzell und ließ die Erlöse einem befreundeten Pater in Indien zukommen. 1997 stellte Dietz seinen Altbücherbasar ein, wollte sein Lager im Bischöflichen Generalvikariat zum Altpapier geben. In letzter Sekunde fand sich unter seinen Mitarbeitern ein Nachfolger, der mit Frau und zwei jüngeren Kindern zwischen 1998 und 2002 den Altbücherbasar in Eichenzell fortführte. In dieser Zeit gingen die Erlöse an Projekte von Franziskanern in Nordost-Brasilien.

Seit 2003 führen nun die Malteser den Altbücherbasar. Dabei haben sie viel über Bücher gelernt, aber auch über Menschen und nicht zuletzt, dass man am Altbücherbasar auch das aktuelle Wetter ablesen kann: Ist es nämlich besonders warm, besonders kalt oder besonders nass, dann schlägt sich das in den Besucherzahlen des Altbücherbasars deutlich nieder. Davor brauchen die Malteser aber am nächsten Samstag keine allzu große Angst zu haben: Denn der nächste Altbücherbasar ist am 12. Februar – und da soll das Wetter ja irgendwie durchschnittlich werden.

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