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Musikschulleiter Stephen Berg verabschiedet

Fulda (mb). Nicht die lauten, nicht diejenigen, die immer im Mittelpunkt stehen müssen, sind es, die die Welt bewegen. Sondern es sind Menschen wie Stephen Berg, die die „Rädchen“ unaufhörlich drehen, um etwas voran zu bringen. Sechs Jahre lang hat dies der gebürtige Amerikaner als Leiter der Fuldaer Musikschule mit viel Enthusiasmus, vor allem sehr erfolgreich getan. Darin waren sich alle Redner zur Verabschiedung Bergs einig, von OB Gerhard Möller über den Vorsitzenden des Fördervereins Paul Berbée bis hin zum Kollegiums-Mitglied George Wagner.
Applaus

„Lobhudelei“ ist trotzdem nicht sein Ding, wie Berg seine Gäste zum Schluss der mit dem beziehungsreichen Titel „Kontaktwechsel“ überschriebenen Feier in der Kapelle des Vonderau Museums augenzwinkernd wissen ließ. Die besten Ideen, so gab er lachend zu, seien nicht von ihm, sondern von Kollegen gewesen. Allen, „die mir die Chance gegeben, geholfen und mich ausgehalten haben“, dankte Fuldas bisheriger Musikschulleiter für die sympathische Begleitung über all die Jahre. Seinem Nachfolger Christoph Stibor, der sich nicht nur als geschickter Redner, sondern als ebenso eleganter Klaviervirtuose präsentierte, wünschte Berg eine glückliche Hand in der Musikschulleitung. Der „Neue“ habe sich in nur zweieinhalb Wochen bereits als der Richtige erwiesen. „Ich bin stolz und glücklich mitgewirkt zu haben und möchte noch ein paar Jahre der Musikschule angehören“, so verabschiedete sich Stephen Berg aus seiner Leitungsverantwortung. Das Publikum  dankte es einem außergewöhnlichen Menschen und Pädagogen mit lang anhaltendem Applaus.

Atlantischer Brückenschlag

Zuvor hatte Fuldas Kulturdezernent Stephen Bergs Lebensstationen nachgezeichnet, ihm wie auch Nachfolger Stibor für den „gelungenen konzertanten Auftakt zum Kontaktwechsel“ gedankt.1945 erblickte Berg in Washington das Licht der Welt. Nach dem Studium an verschiedenen Universitäten der USA habe ihn die „atlantische Brücke“ nach Deutschland und nach Fulda verschlagen. Die neue osthessische Heimat sei nun prägend für ihn geworden. Seit 1977  unterrichtete Berg an der Musikschule Fulda als Lehrer für Trompete und Posaune. Frühzeitig sei er in das Projekt der kooperativen Schulleitung hinein gewachsen. Schon seit 1980 habe sich Stephen Berg als Berater engagiert. 2006 habe er sich erneut auf eine neue, aber bekannte Aufgabe – die Schulleitung – eingelassen.

In all den Jahren seines Wirkens an der Musikschule habe er außergewöhnliches Engagement und Verbindung zur Aufgabe bewiesen wie zum Wettbewerb „Jugend musiziert“. Viel Lob gab es von Fuldas OB für die „Doppelrolle als Musikpädagoge und Leiter“, die Stephen Berg mit „ganzheitlichem Blick und äußerst erfolgreich vollzogen habe.“ Dieser Erfolg lasse sich messen: Die Schülerzahlen sind trotz Gebührenerhöhungen stabil geblieben. Berg habe in die Stadt, in die Gesellschaft hinein gewirkt und so breite Wirkung entfaltet: still und zurückhaltend, wirkungsvoll und nicht laut auftrumpfend.

Sein Name sei gleichsam Programm, wenn das „B“ für Beständigkeit, „e“ für erfahren, „r“ für ruhig und „g“ für gelassen stehe. Als Ideengeber, Inspirator, letztlich auch als Motivator stehe Berg beispielshaft für den Gedanken, dass die Musik zwar nicht die Welt verändern, aber Trost und Hoffnung vermitteln könne sowie Freude und Glück erleben lässt. Sie verbinde Menschen, um „uns die Kraft zu geben, die Welt zu verändern.“ Als äußeres Zeichen des Dankes überreichte Möller ein Buch Adorno über die Philosophie der neuen Musik mit Betrachtungen zur atonalen Musik Arnold Schönbergs an Berg. Seinem Nachfolger Christoph Stibor rief Fuldas Verwaltungschef ein herzliches Willkommen zu und wünschte, dass er die Musikschule auf der bestehenden Basis weiter pflegen solle.

Musik verbindet

Personalratsvorsitzender Richard Thonius bezog sich in seiner Rede auf den Titel der nachmittäglichen Feierstunde. „Kontaktwechsel“ bedeute  nicht zwangsläufig Kontakte wechseln, sondern alte behalten und neue hinzu gewinnen zu wollen. Anknüpfend an den italieinischen Musiker Angelo Branduardi hob Thonius hervor, Musik sei die „beste Art der Kommunikation.“ Mit dem Notenblatt und Instrument finde man auch ohne Sprache schnell zueinander. An Stephen Berg lobte er dessen   Ruhe und  Klarheit. Das sei es, was ihn als Menschen  und in seiner Funktion als Musikschulleiter ausgezeichnet hat. Die Zusammenarbeit habe stets viel Spaß  bereitet. Bergs Nachfolger Christoph Stibor wünschte Thonius viel Glück und Erfüllung in der neuen Aufgabe.

Chef und Kollege

Ein ebenfalls äußerst sympathisches Bild Bergs zeichnete Georg Wagner im Namen des Kollegiums. Im Keller der Gaststätte „Drei Linden“ habe er die ersten Free Jazz Konzerte in Fulda gegeben – zu Zeiten als noch „Rock“ angesagt war. Später habe Stephen Berg versucht, Interessierten Stockhausen und andere Komponisten zeitgenössischer Musik näher zu bringen. Wagner spannte einen weiten Bogen über Vorgänger Bergs, den Umzug der Musikschule in den Coudrayschen Bau des alten Landkrankenhauses bis hin zum Jahr 2006, als für Berg quasi die zweite Amtsperiode begann. Als erster „Musikschulleiter mit Migrationshintergrund“ habe Stephen Berg immer an den richtigen Rädchen gedreht, was  gut für die Schule war.  „Du warst Chef, aber eben auch einer von uns,“ lobte Wagner mit Hinweis auf eine seiner ersten Beobachtungen, die symbolisch für die innere Einstellung des neuen Leiters stand: „Die Tür Deines Büros war immer offen.“ Unter Stephen Berg sei die Musikschule zum Klassenprimus mit 1200 Schülern geworden.

Qualität

Die Stadt habe sich viel Mühe gegeben, einen qualifizierten Nachfolger für Berg zu finden, sagte der Vorsitzende des Fördervereins Paul Berbée anerkennend.  Die Stadt setze damit ein Zeichen, wie wichtig ihr die Qualität der Musikschule ist. Mit Geschick und Überzeugungskraft habe Stephen Berg das Haus geleitet. „Wir  als Förderverein haben uns über die offene Zusammenarbeit gefreut, schauen aber auch erwartungsvoll in die Zukunft.“ Vielleicht werde ein anderer Stil das Miteinander prägen, sagte Berbée, der Christoph Stibor eine glückliche Hand in der Musikschulleitung wünschte. Denn da, „wo etwas zu Ende geht, gibt es auch Chancen für Neues,“ so Berbées Hoffnung.

Neugier

Mit einer „gewissen Gelassenheit und Neugier,“ schaut Fuldas neuer Musikschulleiter Christoph Stibor den künftigen Aufgaben entgegen. Die Agenda wachse täglich. Doch jeden Tag werde klarer, was zu tun ist. Seinen Zuhörern rief Stibor zu: „Ich hoffe, dass ihre Erwartungen nicht enttäuscht werden.“ Anregend waren seine Vergleiche des Musikschulgebäudes als „Geburtshaus“ für neue Talente oder „Mehrgenerationenhaus“, in dem Jung und Alt einander begegnen und als Rathaus, Bankhaus, Modehaus sowie Kunsthaus. Stibor freute sich in Zukunft  auf „so viel Erfahrung und Gelassenheit zurückgreifen zu können.“ Es sei ein „großer Luxus“ in einer solchen Umgebung arbeiten zu dürfen. Von Vorteil für die Arbeit des Hauses sei es,  Lehrer aus aller Herren Länder zu haben. „Wir sind so auch ein Vorbild für den Rest der Gesellschaft als Haus der Integration.“ Ein Haus, in dem Talente gefunden und entwickelt werden. Bei alledem dürfe nicht vergessen werden, in der Breite zu wirken.

Baldrian

Mit dem nötigen Quäntchen Humor verabschiedete sich Musikschulleiter Berg. Die letzten sechs Jahre seien „Learning by doing“ gewesen. Viel Unwissen, viele Fehler, viel Staunen habe es gegeben. „Wir haben aber weiter gemacht, so gut es ging.“ Passend zur eher rhetorisch gemeinten Situationsbeschreibung gestand Berg lachend ein:„Wenn Sie wüssten, wie viel ich für Baldrian in den letzten Jahren ausgegeben haben.“ Doch: Die Musikschule steht noch! Bergs besonderer Dank galt einer großen Schar von Begleitern, unter anderem OB Möller, Kulturamtsleiter Dr. Werner Kirchhoff für seine kostbaren Einblicke, der „Wunderwaffe“ der Musikschule, Reiner Diegelmann, dem Kollegium, den Mitgliedern des Fördervereines sowie Eltern und Schülern.

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