Gedichte zur Nacht – Der Vortragskünstler Jo Weisenborn beim Gernsehen
Fulda. Es ist schwer, gegen ein Champions League Spiel im Fernsehen und gegen eine Comedy Premiere im Nebenraum mit dem Vortrag von Gedichten anzukommen. Das erklärt vielleicht, warum diese Ausgabe des Gernsehens nicht ganz so gut besucht war, wie es sonst bei der Veranstaltungsreihe der Fall ist. Die Leute aber, die sich am letzten Mittwoch in dem von Kerzen illuminierten Museumscafé einfanden, ließen sich von der romantischen Atmosphäre in dem barocken Saal und den lyrischen Bildern der Nachtgedichte ergreifen.
Fotos (30): Marzena Traber
“Die ganze Nacht segeln in mir/ Die schwarzen Schiffe meiner Träume -/ Sich dehnende Stunden innen, eilende Stunden außen -/ Entgegen der sich rötenden Küste der Morgendämmerung.“ Hierzulande eher unbekannte Dichter wie Juan Ramon Jimenez, der spanische Nobelpreisträger von 1956, kamen dabei ebenso zu Wort wie Klassiker. “Sein, oder nicht sein, das ist hier die Frage: Ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden, oder sich waffnend gegen eine See von Plagen durch Widerstand sie enden. Sterben – Schlafen – Nichts weiter!“ William Shakespeare.
Doch nicht nur dem Pathos und nächtlicher Melancholie wurde Raum gegeben, auch die Komik kam zu Wort: „Sterne machen Lichtreklame./ Leider weiß man nicht für wen./ Und die Nacht ist keine feine Dame,/ Sondern lässt uns ihr Gewölbe sehn.“ Ein Ausschnitt aus Erich Kästners Gedicht „Trottoircafé“. Weitere große Namen erfreuten das Publikum: Goethe, Rilke, Novalis, Eichendorff…
Dass für Jo Weisenborn all diese Dichter gute Freunde und ihre Gedichte Herzensangelegenheiten sind, merkte man deutlich. Allerdings hätte man sich für die einen oder anderen Verse noch etwas mehr von der angekündigten Leidenschaft gewünscht. Herausragend dagegen die Ukulelen-Version von „Night and Day“ von Marianne Blum. Das bekannte Stück wirkte in ihrer Interpretation wie noch nie gehört und ergänzte das Thema des Abends um eine entscheidende Farbe. Gut tat dem Vortrag auch die musikalische Untermalung der Gedichte durch sphärische Klänge von Frank Tischer.
Ein literarisches Rätsel, das zum Ende des Abends aufgelöst wurde, zeigte, dass das Publikum sehr aufmerksam zugehört hatte. Freundlicher Schlussapplaus und zufriedene Gesichter zeigten, dass es den besinnlichen Abend genossen hatte.
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