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Ausstellung „Vernichtete Kirchen Nordböhmens 1945-1989“ im Bonifatiushaus in Fulda eröffnet

Fulda. Bei der Eröffnung der Ausstellung „Vernichtete Kirchen Nordböhmens 1945-1989“ hat die Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, die Grüße von Ministerpräsident Volker Bouffier und Sozialminister Stefan Grüttner überbracht. Dem Vorsitzenden des Freundeskreises Fulda-Leitmeritz/Litomerice e.V. Michael Gösel sei es zu verdanken, dass die unter der Schirmherrschaft des Prager Erzbischofs Duka stehende Ausstellung jetzt zum ersten Mal in Deutschland gezeigt werde.

In Fulda hätten nach dem Krieg rund 1.200 Vertriebene aus Leitmeritz ein neues Leben beginnen müssen. Nach Übernahme einer Patenschaft der Stadt Fulda über die Stadt Leitmeritz sei schließlich im Jahre 2001 eine Städtepartnerschaft zwischen beiden Städten begründet worden. Um diese zu unterstützen habe sich der Freundeskreis Fulda-Leitmeritz/Litomerice gebildet. „Die Aktivitäten des Freundeskreises sind beeindruckend und ich möchte Ihnen für Ihren partnerschaftlichen, kulturellen und sozialen Einsatz recht herzlich danken. Im Jahr des 10-jährigen Bestehens des Freundeskreises ist die Ausstellung über die zerstörten Kirchen in Nordböhmen ein besonderer Schwerpunkt“, so die Landesbeauftragte.

Von allen 575 Sakraldenkmälern, die in den 50 Jahren von 1948 bis 1989 in der kommunistischen Tschechoslowakei verschwunden seien, habe sich die Hälfte in Nordböhmen befunden. Dort habe es vor 1945 ein sehr dichtes Netz an Sakralbauten gegeben. Die ursprünglich deutsche Bevölkerung sei religiös gewesen und habe ihren Glauben gelebt. Nach dem Krieg blieben die Kirchen zwar bestehen, aber die vertriebenen Menschen waren nicht mehr da.

So habe die kommunistische Partei beschlossen, den Bezirk von sämtlichen Sakralbauten zu säubern. Im Allgemeinen herrsche in der Bevölkerung die Vorstellung, dass die meisten Kirchen bereits in den 1950er Jahren abgerissen worden seien. Tatsächlich sei es so gewesen, dass die allermeisten der Kirchen erst in den Jahren 1972 bis 1982 zerstört worden seien. Die planmäßige Vernichtung  der Sakralbauten sei also kein weit zurückliegendes historisches Ereignis, sondern habe sich erst in jüngster Vergangenheit abgespielt.

Die Initiatoren der Ausstellung wollten vor allem jungen Menschen zeigen, wie der Kommunismus war und was sich damals abgespielt habe. So habe die Entscheidung eines Beamten – z.B. eines Kirchensekretärs der Partei – ausgereicht, und Kirchen, die Hunderte von Jahren gestanden hätten, durften einfach gesprengt werden.

Die Landesbeauftragte dankte dem stellvertretenden Botschafter der Tschechischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Dr. Coupek für seine Anwesenheit bei der Ausstellungseröffnung. Seine Teilnahme stehe stellvertretend für eine neue Sichtweise, Offenheit und Ehrlichkeit in der tschechischen Bevölkerung beim Umgang mit den schlimmen Ereignissen der Vergangenheit. Sie hob außerdem das große Engagement hervor, dass Herr Hlavacek vom Gesellschaftsverein für die Wiederherstellung von sakralen Denkmalen in der Region Auscha-Leitmeritz und Frau Funke als Mitinitiatorin im Zusammenhang mit der Ausstellung eingebracht haben.

„Es ist aller Anerkennung wert, wenn es heute Bemühungen gibt, zerstörte Kirchen wiederaufzubauen. Es wäre schon ein wichtiger Schritt, wenn die ehemaligen Gebäudeareale vor einer Neubebauung geschützt und zumindest die Fundamente der Kirchengebäude gesichert und die Grundrisse kenntlich gemacht würden. Dies wäre meiner Meinung nach auch eine Aufgabe für die Europäische Union. In der Europäischen Union kann es nicht nur um die Stärke des Euro gehen; entscheidend wichtig ist auch der Schutz religiös – kultureller Identität “, betonte Frau Ziegler-Raschdorf.

„Bitte lassen Sie bei Ihren Bemühungen um die Partnerschaft der Stadt Fulda mit Leitmeritz nicht nach. Führen Sie ihre vielfältigen Aktivitäten fort, diese werden auch auf Landesebene anerkannt. Die Hessische Landesregierung wird auch in Zukunft ein verlässlicher Partner der kommunalen Patenschaften und Partnerschaften und damit auch des Freundeskreises sein. Projekte wie diese Ausstellung erinnern die Menschen an Geschehnisse, die sie sonst gar nicht wahrnehmen würden. Die Kenntnis dieser Ereignisse ist jedoch für unser Verständnis von historischen Zusammenhängen und für unser gemeinsames Schicksal als Europäer enorm wichtig“, so die Landesbeauftragte zum Abschluss ihrer Ausführungen.

Die Ausstellung ist bis zum 10. Juni 2012 im Bonifatiushaus in Fulda zu sehen.

Foto: Nach der Ausstellungseröffnung von rechts: Prof. Dr. Gerhard Stanke (Generalvikar Diözese Fulda), Dr. Milan Coupek (stellvertretender Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland), Michael Gösel (Vorsitzender des Freundeskreises Fulda-Leitmeritz/Litomerice, Alois Hofmann (Ackermann-Gemeinde Diözesanverband Fulda), Pitr Mikula (Vizekanzler der Diözese Leitmeritz),
P. Stanislav Pribyl CSsR (Generalvikar der Diözese Leitmeritz), Margarete Ziegler-Raschdorf (Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler), Gerhard Möller (Oberbürgermeister von Fulda), Joachim Janshen (Kreisbeigeordneter des Landkreises Fulda, Siegbert Ortmann (Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen in Hessen), Gunter Geiger (Direktor des Bonifatiushauses Fulda).

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