Logo

Nachhaltige Entwicklung als Perspektivenwechsel – Cornelia Röttger aus Gersfeld kümmert sich in Kenia um Unternehmernachwuchs

Kenia/Gersfeld. Als Cornelia Röttger vor fünf Jahren in Ostafrika ankam, konnte sie schon auf eine bemerkenswerte berufliche Bilanz im Ausland zurückblicken. Geschäftsführerin für Unilever in mehreren Ländern, darunter China und in Osteuropa, war wohl eine wichtige Referenz. Direkt nach dem Abitur hatte sie in Fulda den Weg zu Procter & Gamble in Frankfurt gefunden, war dort fünf Jahre in der Marktforschung.

Mit Fragen der nach ihrer Heimat hat die Frau von Welt keine Probleme. „Ich habe einen Bayern geheiratet“, sagt sie. Das bedeutete auch in ihren jungen Jahren rund 450 Kilometer Distanz von zu Hause in der Rhön. Auch mit Beginn ihrer internationalen Karriere ist sie zweimal oder manchmal auch dreimal pro Jahr zu Hause und die Familie nimmt Anteil an ihrem Lebensweg. Das reicht von regelmäßiger Kommunikation bis zu Besuchen vor Ort. In der Rhön hat sie auch noch ihre älteste Freundin. Wenn die zwei sich treffen, gehen sie wandern oder auch mal tanzen und immer bleibt viel Nachholbedarf beim Erzählen, was im jeweiligen Leben passiert. Allerdings, räumt die Managerin ein, seien es immer nur wenige Tage oder mal ein oder zwei Wochen. „Manchmal ist das etwas stressig, weil mich jeder mal haben will“, sagt sie. Vor allem für ihren alten Papa, der in Gersfeld in der Rhön lebt. „Wir sind eine sehr bodenständige Familie“, so Cornelia Röttger.

Trotzdem ist in Kenia nun alles etwas anders, auch im Bezug auf ihren bisherigen Berufsweg. Nicht mehr der Verkauf von Verbrauchsgütern wie Nahrungsmittel, Kosmetika und Textilpflege  einer Weltfirma ist ihr Tagesgeschäft, sondern nachhaltige Entwicklungshilfe. Sie leitet ein Konsortium aus Vertretern der Regierung und unterschiedlichen Investoren. Mit dabei auch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und als wichtigste Beteiligte über 20 kenianische Firmen. Ziel der Partnerschaft mit dem Namen „Business Alliance for Economic Empowerment“ ist, dass sich junge Bauern und andere Leute mit Geschäftsideen am Markt durchsetzen. Konkret bedeutet das vor allem die Unabhängigkeit von Geldgebern. Cornalia Röttger kümmert sich als versierte Geschäftsfrau dabei um die Entwicklung eines ganzen Fächerkanons: Führungsfähigkeit, Geschäftsleitung, Rechnungswesen, Buchführung, Finanzierung, Bankwesen. Bei ersten Gewinnen sei in Kenia auch wichtig, dass diese ordentlich aufgeteilt werden. Zwischen der Erledigung von Grundbedürfnissen, etwa für die Versorgung der Kinder, und für das Sparen, um weiter zu investieren. Ziel ist, dass die neuen Unternehmer selbständig werden und das Konsortium nicht mehr brauchen.

Die Klientel von Cornalia Röttger sind dabei vor allem junge Leute im Alter von 18 bis 35. Diese Gruppe macht in Kenia einen Bevölkerungsanteil von rund 35 Prozent aus. Von den 700.000 Schul- oder Universitätsabgängern, kann in dem ostafrikanischen Land nur ein Drittel einen Platz im bestehenden Arbeitsmarkt finden. Das sei ein ganz großes Problem, womit 60 Prozent Jugendarbeitslosigkeit verbunden ist, sagt Cornelia Röttger. Kenia habe im Unterschied zu Deutschland keinen strukturierten Mittelstand, der Wohlstand und Arbeitsplätze generieren könnte. „Wir versuchen diejenigen zu finden, die fähig und motiviert sind für den Weg in ein selbständiges Geschäft. Manche sprechen uns auch an“, sagt sie.  Deutsche und internationale Firmen leisten dabei einen hohen Beitrag, weil sie die jungen Leute trainieren und ihnen Angebote machen, zu denen sonst kein Zugang besteht.

Für junge Bauern hat Cornelia Röttger kürzlich den Kontakt zu Saatgut- und Düngemittelfirmen hergestellt. Es gibt auch Unternehmen, die Bewässerungstechnologien für kleinere Firmen anbieten. Dabei kommen Anwendungstechniker zur Einführung neuer Technologien mit in die ländlichen Gebiete Kenias und wird ausgebildet. Mit dabei natürlich auch ihre alte Firma Unilever, denn die hat viel Erfahrung in Sachen Logistik und Schulung von Vertriebsleuten, Sortiments- und Bedarfsplanung sowie Marktanalyse. Auch soziale Verantwortung werde groß geschrieben, so Cornelia Röttger, die als Beispiel dafür eine Firma nennt, die 200 Bewässerungsanlagen zur Hälfte des Preises bereit stellte. Das erleichtere den Bauern die Rückzahlung des dafür notwendigen Darlehns und sei ein Beispiel für gegenseitigen Vorteil. Die Firmen lernten mehr über den Markt auch in entlegenen Gebieten. Gleichzeitig gebe es dort interessante afrikanische Geschäftsmodelle, die manchmal auch nach ökonomischen Gesichtspunkten modern restrukturiert werden. Das wiederum soll die Kenianer in die Lage versetzen, für sie nützliche Produkte der Unternehmen zu kaufen. Die können auch durchaus aus Deutschland sein. (Andreas Herrmann)

Categories:

Alle Nachrichten, Kirche, Politik & Wirtschaft, Topthema