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„Jetzt fühle ich mich richtig zu Hause“

Nihat Dalmis Worte an jene, die sich entschieden haben, Deutsche zu werden, waren klar und unmissverständlich. Zur Übergabe der Einbürgerungsurkunden im Marmorsaal des Stadtschlosses rief der Vorsitzende des Ausländerbeirates den 44 Gästen aus 23 Ländern zu, entschieden für demokratische Werte und Freiheit einzutreten. Respekt und Toleranz seien die Normen des freiheitlichen gesellschaftlichen Miteinanders. Vor dem Hintergrund des Pariser Terroranschlags auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ erteilte Dalmis Gewalt eine klare Absage. Gegenüber Gewalt, Terror und Mord könne es keine Toleranz geben.

Gleichzeitig appellierte er, das Gespräch mit den Vertretern von Pegida oder den Salafisten zu suchen, um Lösungen zu finden. Wie Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann ermunterte Dalmis die Eingebürgerten, bei der OB-Wahl am 15. März von ihrem demokratischen Mitwirkungsrecht Gebrauch zu machen.

„Fulda ist bunt“

Zuvor hatte Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller die aktuelle Diskussion aufgegriffen. Wer Nachrichten verfolgt, wisse, dass das Thema Integration und die Frage des Verhältnisses, wie die bundesrepublikanische Gesellschaft mit denen umgeht, die nach Deutschland gekommen sind, die Bevölkerung mehr denn je beschäftige. Wer Krieg, Vertreibung, Terror und Gewalt entfliehe, suche nach Zuflucht. In Fulda sollten diese Menschen Schutz und ein
neues Zuhause finden. Als Beleg dafür, wie sich die Fuldaer selbst verstehen, wählte Möller die nur wenige Tage zurückliegende Demonstration „Fulda ist bunt“, zu der sich mehr als 800 Teilnehmer versammelt hatten. „Mit dieser Demonstration haben wir ein Stück Bekenntnis für ein tolerantes und weltoffenes Fulda abgelegt.“ Nach all den notwendigen gesellschaftlichen Debatten zähle dieses Treffen der verschiedensten Gruppierungen als Ausdruck des Selbstverständnisses zum freiheitlichen Grundverständnis hinzu.

Willkommenskultur

Im Empfang für die neuen deutschen Staatsbürger sieht Möller eine lange Kontinuität, zugleich ein Zeichen des Willkommens, „indem wir nicht nur einen bürokratischen Akt vollziehen, sondern dem Ganzen einen feierlichen Rahmen geben. Wir verstehen uns als offene Gesellschaft und offene Stadt. Gerade jetzt setzen wir so in Fulda ein Ausrufezeichen.“ Allerdings ließ der OB keinen Zweifel daran, dass die nun erfolgte Einbürgerung mit all ihren Rechten und Pflichten eine „Holund Bringschuld von beiden Seiten“ sei. Seit 1999 gibt es diese Empfänge aufgrund eines Antrags der CDU-Stadtverordnetenfraktion.

Aus den USA, dem Kosovo, der Irak, dem Iran, Kamerun, Eritrea, Ungarn, Nigeria, Polen, Syrien, Russland und vielen weiteren Ländern stammen die Deutschen, die ihre Einbürgerungsurkunde erhielten, die sie unter anderem berechtigen und verpflichten, deutsche Ausweispapiere zu beantragen. „Wir sehen – in dieser Vielfalt geschieht Integration unspektakulär.“ Für die, die sich für ihre neue Heimat Deutschland entschieden hätten, sei die Einbürgerung ein besonderes Bekenntnis. Sie stünden nun im Mittelpunkt und „verdienen unseren Dank.“ Dank sprach Möller auch allen Mitarbeitern aus, die die „Fuldaer Willkommenskultur personell verkörpern.“

Zur Wahl gehen

Ein erfrischend sympathisches Willkommen rief Hartmann ihren Zuhörern zu. Es sei schön zu sehen, dass so viele die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen wollen. „Seit bald 15 Jahren feiern wir die Übergabe der Urkunde, weil wir wissen, dass es für sie und ihre Familie ein bedeutender Akt ist, gleichzeitig ein Start in eine neue Lebenswirklichkeit.“ Welchen nachhaltigen Eindruck die Einbürgerung hinterlassen kann, zeichnete Hartmann am Beispiel einer jungen Türkin nach. „Seitdem ich die Staatsbürgerschaft habe, fühle ich mich richtig zu Hause“, hatte sie gesagt. Mit der Einbürgerungsurkunde seien die Fuldaer ausländischer Herkunft „gleichberechtigte Bürger unseres Landes. Sie können wählen oder sich wählen lassen und aktiv die Interessen dieses Landes vertreten.“ Den Gästen riet Hartmann, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, um „unsere Demokratie aktiv mitzugestalten.“ Als Neubürger stünden sie für gesellschaftliche und kulturelle Annäherung. Hartmann: „Auch wir wollen von Ihnen etwas lernen. Und so soll es ein Geben und Nehmen sein.“ Wie dieser Wunsch Hartmanns Wirklichkeit geworden ist, zeigt Atena Heydt, die als Teilnehmerin des städtischen Empfangs ein leidenschaftliches Plädoyer für die Einbürgerung ablegte. Als 15-Jährige war sie mit ihren Eltern aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Der Neuanfang sei „nicht immer sehr leicht“ gewesen. „Aber die Menschen haben mir geholfen.“ An der Richard-Müller Schule legte Atena Heydt ihren Haupt- und Realschulabschluss ab, an den sich die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau anschloss. 2005 lernte sie ihren Mann kennen, „über den ich die deutsche Kultur kennen und lieben gelernt habe. Ich bin stolz in einem Land leben zu dürfen, in dem Demokratie, Frieden, Freiheit und Toleranz herrschen.“

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